Euro-Länder uneins über Einigung zu Hilfspaket

Bundesfinanzminister Schäuble: Kein Beschluss über Notfallplan für Griechenland

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Zwischen den EU-Ländern gibt es ein Tauziehen um das historisch einmalige Hilfsangebot für Schuldensünder Griechenland. Nach einem Treffen der Euro-Finanzminister am Montagabend gingen am Dienstag die Interpretationen darüber, was konkret vereinbart wurde, deutlich auseinander.

Brüssel (Agenturen/ND). Die Finanzminister der Euro-Länder haben sich auf die Grundzüge eines Notfallplans für das hoch verschuldete Griechenland geeinigt. EU-Währungskommissar Olli Rehn erklärte, man habe »die technischen Modalitäten einer möglichen koordinierten Maßnahme geklärt«. Es sei aber kein politisches Einvernehmen verkündet worden.

Nach der informellen Absprache der 16 Euro-Länder soll Griechenland bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auf Anfrage bilaterale Hilfen erhalten. »Wenn Griechenland uns sagt, dass es Hilfe braucht, werden wir von diesen Instrumenten Gebrauch machen«, betonte die spanische Finanzministerin und amtierende Ratsvorsitzende Elena Salgado am Dienstag nach dem EU-Finanzministertreffen in Brüssel.

Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sagte, die Euro-Partner seien sich einig, im Notfall bilaterale Hilfen für den Schuldensünder zu geben. Das sieht die Bundesregierung anders: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in Berlin, man habe keinen Notfallplan für Griechenland beschlossen. Schäuble mahnte, Finanzhilfen müssten das letzte Mittel bleiben. Deutschland und die anderen Euro-Länder setzen darauf, dass das verschärfte griechische Sparprogramm ein Eingreifen überflüssig macht.

Das endgültige Wort über mögliche Finanzhilfen haben ohnehin die europäischen Staats- und Regierungschefs. Diese tagen am Donnerstag und Freitag kommender Woche in Brüssel. Die Regierung erwartet aber auch bei dem EU-Gipfel noch keinen Beschluss, wie Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen (SPD) sagte.

Was genau das Hilfspaket für Griechenland umfasst, blieb offen. Nach Diplomatenangaben ist eine Unterstützung in Höhe von 20 bis 25 Milliarden Euro im Gespräch. Eine Summe in dieser Größenordnung benötigt die Regierung in Athen bis Mai, um ihre Schulden in Höhe von rund 300 Milliarden Euro gegenfinanzieren zu können. Dies soll aber über die Ausgabe neuer Staatsanleihen gelingen.

Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou sagte nach den Beratungen, es sei noch unklar, welche Länder Athen im Notfall Geld leihen könnten und zu welchen Bedingungen. In Brüssel gilt es als ausgemacht, dass Deutschland und Frankreich zu den größten Kreditgebern zählen würden. Umstritten ist, ob solche Hilfen einen Bruch mit den EU-Verträgen bedeuten würden. Der Lissabon-Vertrag sieht kein Eintreten für die Schulden eines anderen Mitgliedslandes vor.

Die Finanzminister aller 27 EU-Staaten billigten zudem das verschärfte griechische Sparprogramm, welches unter anderem das Einfrieren von Renten sowie eine höhere Mehrwertsteuer vorsieht. »Griechenland ist auf dem richtigen Weg«, sagte Währungskommissar Rehn.

Keinen Fortschritt erzielten die EU-Finanzminister beim Versuch, schärfere Regeln für hoch spekulative Hedgefonds zu verabschieden. Der spanische Ratsvorsitz setzte die Richtlinien-Pläne kurzerhand von der Agenda ab. Vor allem Großbritannien wehrt sich gegen zu scharfe Vorschriften. »Es geht um den größtmöglichen Konsens«, verteidigte sich Finanzministerin Salgado, die nun bis Ende Juni auf einen Durchbruch hofft.

Die Bundesregierung versucht derweil, in der EU eine Debatte über die deutschen Außenhandelsüberschüsse zu verhindern. Finanzminister Schäuble erklärte, es könne nicht sein, dass Ländern, »die einigermaßen erfolgreich in der Wettbewerbsfähigkeit sind, nun Schuld an den Problemen anderer« gegeben werde. Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde sowie einige kleinere Euro-Länder werfen Deutschland vor, mit seinen hohen Exportüberschüssen ein Wirtschaftswachstum auf ihre Kosten zu erzielen.

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