Streiks und Stühlerücken in Paris

Französische Gewerkschaften verstärken Druck auf die Regierung

  • Lesedauer: 2 Min.
Die französischen Gewerkschaften verstärken den Druck auf die nach der Regionalwahl-Schlappe angeschlagene Regierung Sarkozy.

Paris (dpa/ND). Aus Protest gegen den Sozialabbau und die Wirtschaftspolitik von Präsident Nicolas Sarkozy legten am Dienstag Tausende Franzosen die Arbeit nieder. An den Grundschulen beteiligte sich nach Angaben des Bildungsministeriums fast jeder Dritte Lehrer an den Protesten. Auf manchen Zugstrecken musste jede zweite Verbindung ausfallen. In Paris sowie in Dutzenden anderen Städten gab es Demonstrationen und Kundgebungen. Die Gewerkschaften werfen der Regierung vor, keine konkreten Antworten auf die hohe Arbeitslosigkeit und andere soziale Folgen der Wirtschaftskrise zu haben. Eine mögliche Erhöhung des Rentenalters lehnen sie kategorisch ab.

Am Vorabend hatte Sarkozy erste Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden seiner Partei bei den Regionalwahlen gezogen und die bürgerlich-rechte Regierung umgebildet. Prominentestes Opfer des Stühlerückens wurde Arbeitsminister Xavier Darcos. Als Spitzenkandidat in der Region Aquitaine hatte er besonders schlecht abgeschnitten. Den Posten von Darcos besetzt zukünftig Haushaltsminister Eric Woerth. Er wird damit auch für die Rentenreform verantwortlich sein.

Unterdessen verabschiedet sich Frankreich vorerst von der geplanten Klimasteuer. Premierminister François Fillon kündigte an, die für Juli geplante CO2-Abgabe auszusetzen. Eine solche Steuer müsse auf europäischer Ebene eingeführt werden, damit sie nicht die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes einschränke, sagte Fillon am Dienstag vor Abgeordneten der Regierungspartei UMP. Präsident Sarkozy hatte die CO2-Steuer im vergangenen Jahr zu einem Herzstück seiner Politik erklärt.

Nach heftigen Protesten auch aus den eigenen Reihen hatte er jedoch bereits angedeutet, dass er sich von dem einst so angepriesenen Reformprojekt wieder verabschieden könnte. »Wir werden unserer Industrie keine Verpflichtungen auflegen, wenn man zugleich Importe aus Ländern zulässt, die sich an keine Umweltregeln halten«, hatte er kurz vor der Regionalwahl betont. Über eine Steuer auf Kohlendioxid müsse man zunächst auf europäischer Ebene beraten, fügte er hinzu.

Die Klimasteuer war im vergangenen Jahr rechtzeitig vor der Klimakonferenz in Kopenhagen verabschiedet worden. Laut Sarkozy sollte sie dazu beitragen, dass Frankreich auf internationaler Bühne bei Umweltfragen mehr Einfluss bekommt. Kurz vor dem Inkrafttreten urteilte jedoch der Verfassungsrat im Dezember, dass sie in dieser Form ungerecht und wirkungslos sei. Er kritisierte vor allem, dass mehr als 1000 Betriebe, die zu den schlimmsten Klimasündern zählten, ausgenommen sein sollten.

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