Lehrer wollen länger arbeiten

Sachsens Regierung will trotz Protest Teilzeit-Vertrag verlängern / GEW bricht Gespräche ab

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Sachsens Lehrer arbeiten seit 2005 in Teilzeit, im Sommer sollte der Vertrag auslaufen. Die Regierung aber will eine Verlängerung – weil Geld fehlt und Nachwuchs eingestellt werden muss. Doch der Widerstand ist enorm, und die Verhandlungen begannen holprig.

Zwei Kundgebungen mit gleichem Anliegen binnen zwei Tagen – das gibt es selten in Dresden. Lehrer indes wissen, dass Lernstoff durch Wiederholung am besten gefestigt wird. Und die Pädagogen in Sachsen haben derzeit ein Thema, das sie Landespolitikern gern gründlich einbleuen würden: Sie wollen nicht mehr länger in Teilzeit arbeiten. Am Montag bekundeten 4000 Lehrer dies vor dem Finanzministerium, gestern kamen 900 Personalräte zum Landtag, wo auf Antrag von LINKE, SPD und Grünen über das Thema debattiert wurde.

Als die Teilzeitregelung im Jahr 2005 in einen Vertrag geschrieben wurde, waren die Pädagogen nicht unzufrieden damit. Trotz sinkender Schülerzahlen konnte so ein Stellenabbau vermieden werden. Jetzt läuft der Vertrag aus und soll auch nicht verlängert werden, meint die Gewerkschaft GEW. Lehrer hätten »gravierende Einbußen beim Gehalt und zu erwartende Renteneinbußen« in Kauf genommen und damit »überproportional« zur Stabilisierung der Landesfinanzen beigetragen, sagt GEW-Landeschefin Sabine Gerold.

Doch obwohl die Schülerzahlen wieder steigen und Lehrermangel absehbar ist, will die Regierung die Arbeitszeitverkürzung für die 13 600 Lehrer an Mittelschulen und Gymnasien fortschreiben. Von diesen will zwar Umfragen zufolge die Hälfte weiter verkürzt arbeiten. Die Regierung geht aber davon aus, dass es mit der Rückkehr zur Vollzeit vorübergehend 2000 Stellen zu viel gibt, was bis 2014 rund 380 Millionen Euro koste. Unter Verweis auf große Löcher im Landeshaushalt sagt CDU-Kultusminister Roland Wöller, man würde »mit Geld, das wir nicht haben, Stellen finanzieren, die wir nicht brauchen«. Auch verbaue man sich die Möglichkeit, junge Lehrer einzustellen, die aber dringend gebraucht werden: Bis 2020 geht jeder zweite Lehrer in Rente.

Die CDU/FDP-Koalition hat sich daher schon zu Beginn von Sondierungsgesprächen mit GEW und der dbb-Tarifunion festgelegt. Er wolle nicht, dass für Lehrergehälter Kredite aufgenommen werden müssten, sagt der CDU-Fraktionschef und Ex-Kultusminister Steffen Flath. Wenn die Pädagogen uneinsichtig bleiben, kündigt Finanzminister Georg Unland (CDU) an, sollten Änderungskündigungen die verkürzte Arbeitszeit durchsetzen.

Die Gewerkschaften zeigten sich angesichts der harten Haltung äußerst verschnupft; die GEW blieb der Sondierungsrunde am Montag fern; die Tarifunion des Beamtenbundes nahm zwar teil, aber kündigte gleichzeitig »harte Auseinandersetzungen« an.

Die Opposition stützte gestern im Landtag die Forderungen der Gewerkschaften. Wegen der »Teilzeit auf Ost-Niveau« gebe es schon jetzt nicht genug Bewerber für den Einstellungskorridor, sagte Eva-Maria Stange (SPD) und regte eine »vernünftige« Regelung über freiwillige Teilzeit sowie zur Altersteilzeit an. Die Linksabgeordnete Cornelia Falken kritisierte, der Freistaat beschäftige »billige Lehrer, die für 80 Prozent Gehalt 120 Prozent Arbeit leisten«. Sie äußerte sich zuversichtlich, das »Schwert der Kündigung« werde den Kampfgeist nicht schwächen. Minister Wöller beteuerte in der Debatte lediglich, man wolle keine Konfrontation. Gleichwohl könne es Beschäftigungssicherung nicht zugleich mit Neueinstellungen geben. Wie ein möglicher Kompromiss aussehen könnte, sagte er nicht.

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