Arzt ohne Numerus Clausus?

Gesundheitsminister will dem Medizinermangel begegnen

  • Lesedauer: 3 Min.
Im Vorfeld des heutigen Weltgesundheitstages gehen die Diskussionen um den Ärztemangel in Deutschland weiter. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) forderte, den Zugang zum Medizinstudium zu erleichtern.

Berlin (AFP/ND). Die Pläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zur Bekämpfung des Ärztemangels sind in der Union und Teilen der Ärzteschaft auf Zustimmung gestoßen. »Wir begrüßen die Vorschläge und sollten uns in der Koalition noch vor der Sommerpause auf Eckpunkte einigen«, sagte CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn der »Welt«. Rösler will den Zugang zum Arztberuf durch die Abschaffung des Numerus Clausus erleichtern.

Auch Menschen mit einer zwei oder drei im Abitur könnten gute Ärzte werden, sagte Spahn. Das bedeute nicht, dass nicht mehr auf die Note geschaut werden müsse. Aber es müsse auch die Bereitschaft berücksichtigt werden, sich als Hausarzt in unterversorgten Gebieten niederzulassen.

Rösler hatte in der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« gefordert, dem Ärztemangel vor allem auf dem Land entgegenzusteuern. »Wir haben zwar viele Interessenten, aber nur für jeden Vierten einen Studienplatz, so dass der Numerus Clausus mit einem Notendurchschnitt von 1,4 sehr hoch ist«, sagte er. Rösler plädierte »für eine Abschaffung des Numerus Clausus« und eine stärkere Gewichtung der teilweise bereits praktizierten Auswahlgespräche.

Eine Senkung des Numerus Clausus funktioniere nur, wenn es mehr Studienplätze gebe, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Flach. Sie schlug ein Sonderprogramm vor, das der Bund »über einige Jahre anfinanzieren« könne und das dann in die Trägerschaft der Länder übergehe. »Das wäre eine Ergänzung zum Hochschulpakt und könnte Bestandteil des Zwölfmilliardenprogramms der Bundesregierung werden«, hob sie hervor.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, begrüßte Röslers Pläne. Zur Note müssten aber weitere Kriterien für die Zulassung zum Medizinstudium hinzukommen, sagte er der »Welt«. So sollten das Engagement im Gesundheitswesen als Pfleger oder Sanitäter berücksichtigt werden oder Studiengänge, die mit der Medizin kompatibel seien.

Der freie Ärzteverband Hartmannbund beurteilte die Vorschläge hingegen skeptisch: Zwar sei es zu begrüßen, dass Rösler den Ärztemangel als Fakt und Problem diagnostiziert habe, erklärte Verbandschef Kuno Winn. Die Vorschläge ließen aber keine Besserung erwarten. Auch sei es unwahrscheinlich, dass ein angehender Medizinstudent bereit sei, sich darauf festzulegen, wo er in zehn Jahren praktizieren werde, gab Winn mit Blick auf die angedachte »Landarztquote« zu bedenken.

Kritik an Röslers Plänen kam auch von der SPD. »Dies ist ein plakativer und sehr simpler Vorschlag für ein komplexes Problem«, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Carola Reimann, der »Frankfurter Rundschau« (Mittwoch). Zwar sei es richtig, die Hürden bei der Zulassung zu senken, »aber das alleine wird nicht ausreichen.«

Unterdessen pocht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf einen strikten Sparkurs der Bundesregierung und baut dabei auch auf die Reformarbeit Röslers. Da die Regierung die Renten nicht kürzen wolle und bei der Bundesanstalt für Arbeit wegen der Arbeitsmarktpolitik nicht viel Sparpotenzial vorhanden sei, bleibe die Gesundheitspolitik und die Frage, ob es dort Spielräume gebe, sagte Schäuble am Dienstag.


Der 7. April

Die Bedeutung von Gesundheit für den Menschen steht jährlich am 7. April im Vordergrund. Seit 1950 thematisiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) an diesem Tag ein drängendes Problem. Das Motto des diesjährigen Weltgesundheitstages lautet »Gesunde Städte«. Zahlreiche Veranstaltungen in vielen Ländern sollen aufzeigen, wie das Leben in Städten gesundheitsförderlicher gestaltet werden kann. Mit dem Tag erinnert die WHO außerdem an ihre Gründung am 7. April 1948. In Deutschland wird der Gedenktag seit 1954 begangen. dpa

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