Die Deutsche Bahn im Morgenland

Seit jeher projektieren und beraten Eisenbahner im Ausland

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 3 Min.

Über die in jüngster Zeit bekannt gegebenen Aktivitäten der Deutschen Bahn in den Golfstaaten verbreitete sich angesichts unzähliger Pannen im deutschen Schienennetz Häme. Manche meinen, die Bahn soll erst hier ihre »Hausaufgaben« erledigen, ehe sie woanders ein Eisenbahnnetz aufbaut.

Die Kritik ist teils unberechtigt, weil die deutschen Bahnen seit jeher Erfahrungen im Ausland zu Geld machten. So unterstützte die Deutsche Reichsbahn irakische Eisenbahner, nachdem die DDR-Industrie die Strecke Bagdad – Basra projektiert und gebaut hatte. Damit kam die begehrte Valuta ins Land. Die Hilfe in Mosambik wurde mit Waren abgegolten, Eisenbahner an der Erdgastrasse halfen dabei, die Gaslieferungen aus der UdSSR zu sichern.

Die Deutsche Bundesbahn bildete 1966 mit der Deutschen Bank eine Tochtergesellschaft, DE-Consult genannt, die in vielen Ländern, auch in Asien und Südamerika, Eisenbahnstrecken projektierte und die Länder in der Betriebsorganisation beriet.

1994 fusionierte ein Teil des Entwurfs- und Vermessungsbetriebes der Deutschen Reichsbahn mit DE-Consult. Die hundertprozentige Tochtergesellschaft wurde der 2003 gegründeten DB-Projektbau zugeschlagen, 2007 jedoch wieder eigenständig und seitdem DB-International genannt. Rund 1000 Ingenieure übernahmen für 2000 Projekte in 100 Ländern die Projektsteuerung und -entwicklung, die Planung und Bauleitung oder erarbeiteten Studien. Zu den neuen Aufträgen gehört auch der vom November 2009 mit einem Volumen von 17 Milliarden Euro für das Emirat Katar.

Zur Planung eines Eisenbahnnetzes in den Vereinigten Arabischen Emiraten durch DB-International gab es bislang nur eine Absichtserklärung. Ob es zum Auftrag kommt und ob die Deutsche Bahn am Bau und Betrieb dieser Eisenbahn beteiligt wird, blieb offen. Ohnehin würde die deutsche Bauindustrie, die sowieso im Morgenland tätig ist, der größte Nutznießer des Projektes sein.

Ungeschickt war das Auftreten von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Bahnchef Rüdiger Gruber nach der Reise nach Doha, als beide die Bahn als kompetent priesen, ausgerechnet in einer Zeit, als die Reisenden in Deutschland Verspätungen, Störungen und Zugausfälle hinnehmen mussten. Ramsauer: »Die Erfahrungen und das Fachwissen der Deutschen Bahn wird in der Region überaus geschätzt.« Grube: »Wir sind zuversichtlich, dass wir bei den anstehenden Projekten mit unseren Planungsleistungen berücksichtigt werden. Später wollen wir auch unsere Betreiberkompetenz unter Beweis stellen.«

DE-Consult hatte Absichten und Tätigkeit im Ausland viel diskreter behandelt. Offensichtlich brauchten Bundesverkehrsministers und Bahnchef aber etwas Gutes zum Vorzeigen. Wenn es zu Hause nicht funktioniert, warum nicht am Golf? Grube unterstellte sich den Bereich DB-International und setzte als »Leiter für Besondere Aufgaben«, in Personalunion Geschäftsführer des Bereichs Marketing und Consulting von DB-International, einen alten Bekannten von Daimler-Benz ein: Niko Warbanoff.

Dass die Deutsche Bahn mit ihrem Know-How ihr wirtschaftliches Ergebnis verbessert, dagegen ist nichts einzuwenden, zumal dabei auch Jobs geschaffen und gesichert werden. Von ihrer Hoffnung, eines Tages auch den Eisenbahnbetrieb zu übernehmen, sollte sie aber die Finger lassen. Der Bürger erwartet, dass das »Kerngeschäft« ordentlich gemacht wird. Dazu braucht die Bahn gut ausgebildete Betriebseisenbahner, nicht welche aus der Autoschmiede.

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