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Züchtigung und Missbrauch

Runder Tisch Heimerziehung tagt / Leutheusser-Schnarrenberger trifft Bischof Zollitsch

  • Lesedauer: 2 Min.
Der eine wird für seinen Zwischenbericht kritisiert, der andere ist in Vorbereitung: Runde Tische zu Heimerziehung und Missbrauch.

Berlin (ND-Stötzel). Gleich gegenüber dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in der Berliner Luisenstraße, wo der Runde Tisch Heimerziehung heute zum 7. Mal zusammenkommt, wird sich der Protest dagegen formieren. Für 12 Uhr ruft die Freie Initiative ehemaliger Heimkinder zu einer Demonstration unter dem Motto »Jetzt reden wir!« auf, die sich gegen die Arbeit des Gremiums richtet. Es wurde im Februar 2009 vom Bundestag eingerichtet, um die Heimerziehung in der frühen Bundesrepublik aufzuarbeiten.

Die Organisatoren der Demonstration kritisieren vor allem den im Januar vorgelegten Zwischenbericht. Monika Tschapek-Güntner, Vorsitzende des Vereins ehemaliger Heimkinder, sprach im ND-Interview von »Bagatellisierungen«. Es werde betont, in der Zeit sei überall geprügelt worden.

Themen der zweitägigen Sitzung des Gremiums werden die Traumatisierungen der ehemaligen Heimkinder und mögliche Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen sein. Auch die aktuellen Debatten zum sexuellen Missbrauch in Internatsschulen und »das grundsätzliche Verhältnis zu dem geplanten neuen Runden Tisch«, der am 23. April unter dem Vorsitz von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) seine Arbeit aufnehmen wird, würden besprochen, hieß es in einer Pressemitteilung.

Leutheusser-Schnarrenberger trifft sich derweil zu einem Meinungsaustausch mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. Die Justizministerin und der Bischof waren zu Beginn der Missbrauchsdebatte aneinander geraten. Leutheusser-Schnarrenberger hatte der katholischen Kirche mangelnde Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden vorgeworfen, Zollitsch der Ministerin maßlose Polemik. Diese bescheinigte später der katholischen Kirche den Willen zur lückenlosen Aufklärung, und Zollitsch räumte Fehler im Umgang mit den Missbrauchsopfern ein.

»Mich interessiert, wie die Kirche künftig bei der Strafverfolgung mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten will«, sagte Leutheusser-Schnarrenberger, als die Verabredung getroffen wurde. Sie begrüßte es, als die bayerischen Bischöfe ankündigten, künftig jeden Verdacht auf Missbrauch oder Misshandlung der Staatsanwaltschaft zu melden, und empfahlen, eine solche Meldepflicht in die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz aufzunehmen. Bischof Stephan Ackermann, Beauftragter der Bischofskonferenz für sexuellen Missbrauch, wies diese Woche darauf hin, dass eine solche Meldepflicht »aus gutem Grund, wie uns Experten sagen«, nicht bestehe und führte »den Schutz und die Bedürfnisse der Opfer« an. Auch das am Montag in Rom veröffentlichte Dokument zum Umgang mit pädophilen Priestern beinhalte, anders als in den Medien dargestellt, keine automatische Anzeigepflicht.

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