Ökostadt muss schrumpfen

Pläne für Masdar City bei Abu Dhabi leiden unter Immobilienkrise

  • Jonas Pepper, Dubai
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch die am Persischen Golf entstehende Ökostadt Masdar muss sich nach der Decke strecken. Geplant sind nun weniger Gebäude als ursprünglich vorgesehen. Die aber sollen dafür stärker in die Höhe wachsen und mit mehr einheimischen Produkten gebaut werden.

Masdar hält noch immer an seinen wesentlichen Zielen fest: Die Ökostadt am Rand von Abu Dhabi, an der seit Februar 2008 gebaut wird, will noch immer kohlendioxid- und abfallfrei werden. Aber sie soll laut ihrem Chef Sultan al Jaber mehr Zeit bis zu ihrer Fertigstellung beanspruchen. »Unsere Strategie ist noch immer die gleiche, unsere Vision ist die gleiche, aber wir sind in unserem Ansatz sehr viel klüger geworden.«

Vier Jahre nach Beginn der Planungen hat die Führung von Masdar ihre neue Strategie vorgestellt. Damit reagiert sie auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, die gerade in den Vereinigten Arabischen Emiraten die Nachfrage nach Immobilien geschwächt hat. »Der Masterplan wurde vor vier Jahren erarbeitet. Seither hat sich die Welt sehr stark verändert, und wir haben mehr gelernt, wie wir ihn umsetzen müssen«, sagte Alan Frost, der neue Chef der Immobilienentwicklung Masdars, gegenüber Medien in den Emiraten.

In die neue Strategie sollen auch die neuen Erfahrungen einfließen, die Masdar mit den Grenzen der sauberen Energien und der sauberen Transporttechnologien gemacht hat. »Masdar wird in Phasen verwirklicht«, fügte Frost hinzu. »Nicht alles wird schon am ersten Tag parat sein.«

Masdar wird anders aussehen als ursprünglich vorgesehen. Manche geplante Villa wird effizienteren Wohngebäuden weichen. Kommerziell genutzte Flächen werden größer. Vor allem aber wird Masdar weniger selbst bauen als vorgesehen. Vielmehr sollen dritte Unternehmen das Risiko und den Bau von Teilen der Stadt übernehmen. Masdar soll zumindest am Anfang kleiner werden als vorgesehen und weniger stark auf futuristische Technologien setzen.

Zudem – so Frost – hätten die eigenen Standards von Masdar, welche die Verwendung kohlendioxidneutraler Baumaterialien vorsehe, den Einbezug lokaler Lieferanten nahegelegt. Importe seien oft kohlendioxidintensiver, da sie von weither herangebracht werden müssten.

Als Masdar Anfang 2008 vorgestellt wurde, stiegen die Immobilienpreise Abu Dhabis scheinbar unaufhaltsam. Die Preise für Öl – Abu Dhabis wichtigstes Exportprodukt – erreichten immer neue Rekorde. Die Pläne für eine Stadt mit 50 000 Einwohnern und 90 000 Arbeitsplätzen, die bis 2016 fertiggestellt sein sollte, sowie Investitionen von 22 Milliarden Dollar erregten weltweit Aufmerksamkeit.

Masdar galt als ein gewaltiges Experimentierfeld für erneuerbare Energien. Das ölreiche Emirat sah darin ein Mittel, sich von der Abhängigkeit von fossilen Energien zu lösen. Inzwischen muss es seine Mittel aber anderswo einsetzen: Seit vergangenem Jahr versucht das Land mit Milliardenzuschüssen, den Ban-krott des Nachbarn Dubai abzuwenden.

Masdar spürt aber auch die Folgen von zwei weiteren teuren Immobilienentwicklungen in Abu Dhabi selbst. Im November 2009 wurde pünktlich zum ersten Formel-1-Rennen auf Yas Island nur wenige Kilometer von Masdar ein großer Komplex von Hotels und anderen Tourismuseinrichtungen fertiggestellt, die seither weitgehend leerstehen. Yas Island wurde von Aldar entwickelt, einer Schwestergesellschaft Masdars.

Auch Saadyat Island, die geplante Kulturinsel mit Ablegern von Louvre und Guggenheim-Museum, droht zu einem Finanzloch zu werden. Ihr Masterplan wurde wie derjenige Masdars von Foster and Partners entwickelt.

Nun muss Masdar beweisen, dass es nicht ebenfalls zu einem Finanzloch wird. Noch hält es jedenfalls am neuen Zeitplan fest, wie er Anfang des Jahres bekannt wurde. Die erste Phase Masdars soll laut Alan Frost 2013 fertiggestellt werden.

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