Unangreifbar

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist schon erstaunlich, von welch öffentlicher Aufgeregtheit in Deutschland das schmähliche Karriereende eines katholischen Kirchenfürsten in der süddeutschen Provinz begleitet wird. Weltliche Medien sorgen sich darüber, dass der inzwischen selbst von seinen Amtskollegen aufgegebene Walter Mixa seiner Kirche einen »Scherbenhaufen« hinterlasse, pochen darauf, dass ein Bischof »untadelig sein« müsse, sehen eine »Sensation« darin, dass zwei Bischöfe einen dritten auffordern, aus dem Amt zu verschwinden. Man könnte meinen, der Fall des Augsburger Bischofs habe eine Theokratie in ihren Grundfesten erschüttert und beträfe nicht zuerst einen Religionsverein, für den allerdings der Staat den Beitragskassierer macht. Grünenchefin Claudia Roth frohlockte gar: »Die Zeit von selbstherrlichen und unangreifbaren Kirchenfürsten ist endgültig vorbei.« In welcher Zeit, mit Verlaub, haben wir denn bisher gelebt?

Man könnte die öffentliche Erregung auf den Umstand zurückführen, dass hierzulande Kirchenfürsten vom Staat besoldet werden – also von Gläubigen wie Ungläubigen, Christen wie Nichtchristen, Atheisten wie Agnostikern. Doch das Wissen darüber, wie viel sich der Staat die Kirchen kosten lässt, gehört kaum zum deutschen Bildungsstandard. Im Fall von Mixa sind das rund 7900 Euro Gehalt, die ihm das bayerische Kultusministerium zahlt. Die Pension, die er nach einem Rücktritt bezöge, wird ihn ebenfalls nicht darben lassen. Auch die ist weiter unangreifbar.

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