Der langsame stille Tod des Meeres

Nach Explosion einer Ölbohrplattform drohen immense Umweltschäden am Golf von Mexiko

  • Lesedauer: 3 Min.
Aus der gesunkenen Bohrinsel vor der Küste der USA strömt derzeit nach Angaben der Küstenwache kein Öl aus. Dennoch fürchten Umweltexperten eine Katastrophe. Präsident Obama kündigte Hilfen an.

New Orleans/Berlin (Agenturen/ND). Vorsichtige Entwarnung im Golf von Mexiko: Weder aus der Ölquelle noch aus der gesunkenen Bohrinsel strömte am Freitag Öl ins Meer, wie die US-Küstenwache versicherte. Die Plattform war am Donnerstag gesunken, seither versucht die Küstenwache, einen zwölf Quadratkilometer großen Ölteppich einzudämmen. Elf Arbeiter wurden weiter vermisst.

Die Küstenwache setzte ein Mini-U-Boot mit Kameras ein, um zu ermitteln, ob und wie viel Öl aus der gesunkenen Insel oder der Quelle am Meeresboden strömt. »Derzeit strömt kein Rohöl aus der Quelle oder aus der aufsteigenden Leitung«, sagte Konteradmiral Mary Landry im Fernsehsender CNN. Dennoch bereite sich die Küstenwache »auf das Schlimmste« vor.

Auf der »Deepwater Horizon« hatte sich am Dienstag eine Explosion ereignet, am Donnerstag sank die Insel. Dort waren vor der Explosion mehr als eine Million Liter Öl am Tag gepumpt worden, außerdem lagerten auf der Plattform rund 2,5 Millionen Liter Diesel.

Küstenschutz als wichtigste Aufgabe

Rund 70 Kilometer vor der Küste erstreckte sich am Freitag laut Küstenwache ein Ölteppich auf einer Fläche von 1,6 Kilometern Breite und acht Kilometern Länge. Es sei eine massive Räumungs- und Säuberungsaktion in Gang gesetzt worden, damit das Öl nicht an die Küsten von Louisiana, Alabama und Mississippi gelange. Dort befindet sich ein bedrohtes Ökosystem mit Wasservögeln, Garnelen und Austernbänken.

US-Präsident Barack Obama sicherte schnelle und umfassende Unterstützung zu. Er werde sicherstellen, »dass die gesamte Regierung alle nötige Hilfe sowohl bei den Rettungsbemühungen als auch bei der Verhinderung eines Umweltschadens zur Verfügung stellt«, hieß es in einer Erklärung.

Große Sorge herrschte weiter um die elf vermissten Arbeiter. Die Wetterbedingungen seien gut, so die Küstenwache. Es war ungewiss, ob die Arbeiter sich auf eines der Rettungsboote hatten begeben können. Am Mittwoch waren 17 Arbeiter ins Krankenhaus geflogen worden. Vier schwebten am Freitag weiter in Lebensgefahr.

Ölindustrie redet Gefahren klein

In Washington erklärten zwei Senatoren der Demokraten, der Unfall zeige erneut die Gefahren von Ölbohrungen vor der Küste. »Die Ölindustrie verbreitet immer noch den gefährlichen Mythos, dass Ölbohrungen vor der Küste ein vollkommen sicheres Unterfangen seien, doch Unfälle wie dieser sind eine nüchterne Erinnerung daran, wie weit dies von der Wahrheit entfernt ist«, so Robert Menendez und Frank Lautenberg.

Die Umweltschutzorganisation WWF fürchtet eine Naturkatastrophe. »Das Öl muss möglichst schnell gesammelt werden, weil es sonst immense Schäden anrichten kann«, so Stephan Lutter, Experte für Meeresschutz. »Einmal im Meer, tötet Öl still und langsam.« Es dauere Jahre, bis Öl in der Natur abgebaut werde. Für die Tiere könnten schon geringe Mengen zur Gefahr werden. »Wenn Fische, Delfine, Wale oder Seekühe mit dem Ölteppich in Kontakt kommen, können sie nicht nur verkleben, sondern das Öl schlucken und durch Vergiftung sterben.«

Nach Ansicht des Ölbekämpfungsspezialisten Dieter Schmidt vom Havariekommando in Cuxhaven ist Deutschland auf drohende Ölkatastrophen gut vorbereitet: »Im Ernstfall setzen deutsche Behörden Spezialschiffe ein, die Ölteppiche auf See mit Saugrüsseln auffangen sollen«. Das System sei aber abhängig von Wetter und Wellenhöhe. Als eine kritische Region in der Ostsee gilt die Kadetrinne nördlich von Rostock. Die enge Passage wird täglich von einer Vielzahl von Frachtern, darunter auch Öltankern, befahren.

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