Doppelpass-Vorstoß gescheitert

Nein der unionsregierten Länder im Bundesrat / Härtefallregelung bei Hartz IV gilt jetzt

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Die Länder Berlin, Bremen und Brandenburg sind im Bundesrat mit einer Initiative zur doppelten Staatsbürgerschaft gescheitert. Die unionsregierten Länder lehnten am Freitag im Bundesrat den Antrag ab.

Berlin (epd/ND). Die drei Bundesländer wollten erreichen, dass in Deutschland geborene junge Ausländer auch als Erwachsene ihre doppelte Staatsangehörigkeit behalten können. Seit dem Jahr 2000 erhalten in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil ein Daueraufenthaltsrecht besitzt. Für einen Übergang galt dies auch für Kinder unter zehn Jahren. Seitdem werden qua Geburt jährlich rund 40 000 Kinder ausländischer Eltern Deutsche. Zudem haben sie die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern. Im Alter zwischen 18 und 23 Jahren müssen sie sich dann zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern entscheiden. Mit dieser sogenannten Optionspflicht soll Mehrstaatlichkeit vermieden werden.

Berlin, Bremen und Brandenburg hatten argumentiert, dass der überwiegende Teil der Optionspflichtigen in Deutschland verwurzelt sei. Daher sei es nicht sinnvoll, die deutsche Staatsangehörigkeit mit der Volljährigkeit infrage zu stellen. Der Entscheidungszwang könne zu schweren Konflikten innerhalb der Migrantenfamilie führen.

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sprach sich gegen die Initiative aus. Die Entscheidung für eine Staatsbürgerschaft könne jungen, in Deutschland aufgewachsenen Menschen zugemutet werden. Niemand könne zwei Staaten gegenüber gleich loyal sein. Zudem, argumentierte Schünemann, komme die Doppelpass-Initiative der drei Länder zu früh. Erst in zweieinhalb Jahren müsse sich der erste Jahrgang von Einwandererkindern für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. Man müsse die Erfahrungen mit der Optionsregelung abwarten, bevor man sie infrage stelle, so der Niedersachse.

Der Bundesrat stimmte des Weiteren einer Härtefallregelung zu, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil im Februar zu Hartz IV angemahnt hatte. In besonderen sozialen Härtefällen haben Langzeitarbeitslose damit ab sofort Anspruch auf zusätzliche Leistungen.

Nach der neuen Regelung können Hartz-IV-Empfänger mehr Geld erhalten, wenn sie einen »unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf« nachweisen können. Unterstützung sollen zum Beispiel Rollstuhlfahrer für Haushaltshilfen, chronisch Kranke für den Kauf nicht verschreibungspflichtiger Medikamente oder lernschwache Schüler für Nachhilfeunterricht bekommen. Nicht unter die Härtefallklausel fallen einzelne Anschaffungen wie eine Waschmaschine, eine Brille, orthopädische Schuhe oder Zahnersatz.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 9. Februar dieses Jahres entschieden, dass der Gesetzgeber bis Jahresende eine neue Berechnungsgrundlage für die Hartz-IV-Regelsätze schaffen muss. Zudem mahnten die Richter eine Härtefallregelung an.

Für das laufende Jahr rechnen Bund und Länder mit Zusatzkosten von 100 Millionen Euro, wovon der Bund 92 Millionen Euro übernimmt.

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