Kraft will regieren, Rüttgers auch

Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen pokern fünf Parteien um die Macht in Düsseldorf

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem Scheitern von Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen bei der Landtagswahl am Sonntag pokern CDU, SPD, Grüne und FDP um die Macht in Düsseldorf. Die LINKE zeigte sich offen für ein rot-grün-rotes Bündnis, schloss ein Tolerierungsmodell aber ebenso aus wie SPD und Grüne.

Berlin/Düsseldorf (dpa/ND). Die Union forderte die SPD am Montag auch wegen der Herausforderungen durch die Euro-Krise zu einer Großen Koalition in Nordrhein-Westfalen auf. Die SPD pochte aber auf ihren Führungsanspruch – obwohl sie bei der Landtagswahl mit 6200 Stimmen hauchdünn hinter der CDU lag. Die Sozialdemokraten hielten sich auch ein Bündnis mit der LINKEN offen. FDP-Chef Guido Westerwelle schloss Gespräche über eine Koalition mit SPD und Grünen nicht aus.

Als erste Konsequenz aus dem Desaster für Schwarz-Gelb sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Steuersenkungen »auf absehbare Zeit« ab. Die Konsolidierung des Haushalts hätte Priorität. Ähnlich äußerte sich CSU-Chef Horst Seehofer. Westerwelle sagte, seine Partei müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Spielräume ohne eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat »nicht größer« geworden seien.

Die Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland hat ein Patt zwischen Rot-Grün und Schwarz-Grün ergeben. Den möglichen Bündnissen fehlt jeweils ein Mandat zur Mehrheit. Rechnerisch möglich sind nun eine Große Koalition von CDU und SPD, ein Bündnis aus SPD, Grünen und LINKEN sowie Bündnisse von FDP und Grünen mit der SPD oder der CDU.

Die CDU stürzte bei der einzigen Landtagswahl in diesem Jahr auf 34,6 Prozent – ein Minus von 10,2 Punkten. Die SPD verlor 2,6 Punkte und kam auf 34,5 Prozent. Die Grünen konnten mit 12,1 Prozent ihren Anteil fast verdoppeln, die FDP kletterte leicht auf 6,7 Prozent. Die LINKE zog mit 5,6 Prozent erstmals in den Düsseldorfer Landtag ein. Dort haben CDU und SPD jeweils 67 Sitze, die Grünen stellen 23 Abgeordnete, die FDP 13 und die LINKE 11.

Nordrhein-Westfalens SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft hielt sich ein Bündnis mit der Linkspartei offen. Auch eine Zusammenarbeit mit der CDU schloss sie nicht aus. Kraft bekräftigte ihren Anspruch, Ministerpräsidentin zu werden. SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte gegenüber Kraft: »Das Ergebnis muss dazu führen, dass du Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen wirst.« Die Grünen in NRW wollen schnell Pflöcke für eine Regierung »Rot-Grün-plus« einschlagen. Eine rot-grün-gelbe Ampelkoalition nannte Landesparteichef Arndt Klocke wegen programmatischer und personeller Unverträglichkeiten mit der FDP unwahrscheinlich. »Lieber wäre mir, ein stabiles Bündnis mit der LINKEN zu vereinbaren.«

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) will zunächst weitermachen und Koalitionsverhandlungen führen. »Ich werde mich dieser Verantwortung stellen, sowohl als Ministerpräsident wie als Landesvorsitzender«, sagte er. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach sich für eine Große Koalition aus. Er sagte mit Blick auf ein rot-grünrotes Bündnis: »Ich sehe in der Tat eine gemeinsame Verantwortung, Linksextremisten von der Regierungsverantwortung auszuschalten.«

Die LINKE erwartet eine Einladung der SPD zu Gesprächen über eine rot-grün-rote Koalition in Nordrhein-Westfalen. Die Tolerierung einer SPD-Grünen-Regierung durch die LINKE wird von allen drei Parteien abgelehnt. Dafür gebe es »keine seriöse Grundlage«, sagte Linksparteichef Oskar Lafontaine. Auch Landessprecher Wolfgang Zimmermann sagte, NRW brauche »klare Verhältnisse«. Gerüchte, die SPD wolle einzelne Abgeordnete der Linkspartei abwerben, bezeichnete Lafontaine als »Unfug«. Für eine Koalition mit SPD und Grünen stellte der Parteichef vor allem eine Bedingung: Eine neue Regierung in Nordrhein-Westfalen dürfe keinen Sozialabbau im Bundesrat mittragen. »Denn jetzt geht es ja um die Frage: Wer bezahlt die vielen Milliarden, mit denen Frau Merkel operiert derzeit«, sagte Lafontaine.

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