ND-Telefonforum: Experten beantworten Fragen unserer Leser zum Thema »Steuern«

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  • Lesedauer: 7 Min.
»Steuern« war das Thema unseres Telefonforums am vergangenen Mittwoch. Die Fragen unserer Lehrer beantworteten MARLIES SPARGEN vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine sowie WOLFGANG WAWRO, Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg.
Meine Frau und ich sind seit 2003 Rentner und haben monatliche Rentenbezüge von zusammen rund 3000 Euro brutto. Daneben haben wir noch geringe Kapitalerträge, die über den Sparerpauschbetrag hinausgehen und von denen Abgeltungssteuer einbehalten wurde. Müssen wir eine Steuererklärung abgeben?

Eine Erklärungspflicht besteht nicht, weil die Grundfreibeträge offensichtlich nicht überschritten werden. Die Kapitaleinkünfte gelten durch die Abgeltungssteuer – wie der Name schon sagt – als abgegolten. Das Problem ist, dass Sie Abgeltungssteuer bezahlt haben, die sie persönlich dem Finanzamt nicht schulden. Deshalb dürfen Sie auf Antrag diese einbehaltene Abgeltungssteuer durch Abgabe einer Steuererklärung zurückfordern. Ob sich das lohnt, müssen Sie selbst entscheiden, denn für kleinere Beträge ist der bürokratische Aufwand für Sie und auch für das Finanzamt recht hoch.

Ich habe Kapitaleinkünfte, die ich im wesentlichen durch eine Vermögensverwaltung managen lasse. Kann ich weiterhin die Kosten der Vermögensverwaltung steuerlich absetzen?

Mit Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 werden Werbungskosten grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt. Lediglich der Sparerpauschbetrag führt zu einer Entlastung. Die Kosten der Vermögensverwaltung enthalten häufig auch die Transaktionsgebühren. Insoweit ist ein teilweiser Abzug als Werbungskosten möglich. Ohne Einzelnachweis erkennt das Finanzamt in der Regel fünfzig Prozent der Verwaltungsgebühren an, wenn nachweislich die Transaktionskosten damit abgegolten sind.

Ich habe bei meiner Kapitalanlage auch ausländische Wertpapierfonds ausgewählt, die keine Gewinne ausschütten, sondern die Erträge thesaurieren (wieder anlegen). Eine Abgeltungssteuer wird darauf nicht erhoben. Wie sind diese Erträge steuerlich zu behandeln?

Die ausländischen Staaten kümmern sich nicht um die deutsche Abgeltungssteuer, aber Sie müssen bei Ihrem Finanzamt diese Erträge angeben. Die Erträge sind in Zeile 15 der Anlage KAP anzugeben. Sie werden dann mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent versteuert.

Bis wann muss ich meine Steuererklärung einreichen?

Die gesetzliche Abgabefrist für die Steuererklärung 2009 ist der 31. Mai 2010. Eine kurzfristige Überschreitung führt in der Regel nicht zu Problemen. Bei längerer Dauer sollte man sich mit dem Finanzamt wegen einer Fristverlängerung in Verbindung setzen, meist genügt ein Telefonkontakt. Wer durch einen Lohnsteuerhilfeverein oder durch einen Steuerberater vertreten wird, hat regelmäßig Zeit, seine Erklärung bis zum 31. Dezember 2010 beim Finanzamt einzureichen. Wer zur Abgabe der Erklärung nicht verpflichtet ist, aber eine sogenannte Antragsveranlagung durchführen lassen will (zum Beispiel wegen Erstattung von Lohnsteuer oder Abgeltungssteuer), der kann die Erklärung auch noch vier Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums einreichen.

Ich bin Geschäftsführer und muss auf der Arbeit Anzüge tragen. Die Kosten dafür hat das Finanzamt gestrichen. Ist das korrekt?

Laut Steuerrecht ist nur typische Arbeitskleidung, wie der Blaumann die Zimmermannskleidung oder der Schwesternkittel absetzbar. Zivile Kleidung, die auch privat genutzt werden kann, ist nicht begünstigt. Dazu gehört leider auch der Anzug, den Sie auch zu Familienfeiern, im Konzert oder bei anderen Anlässen tragen können. Es nutzt leider auch nichts, wenn Sie dem Finanzamt versichern, dass Sie diese Anzüge nur auf der Arbeit tragen.

Unsere Tochter hat im letzten Jahr ausgelernt, war zwei Monate arbeitslos und hat dann gearbeitet. Muss sie eine Steuererklärung abgeben?

Eine Pflichtveranlagung liegt nur dann vor, wenn sie in den zwei Monaten der Arbeitslosigkeit mehr als 410 Euro Arbeitslosengeld I bezogen hat. Wenn Lohnsteuern einbehalten wurden, kann sich unter Umständen die Abgabe einer Einkommensteuererklärung auch lohnen, da in dem betreffenden Jahr eine ungleichmäßige Besteuerung erfolgte.

Ich habe gehört, dass man immer wieder eine Steuererklärung abgeben muss, wenn man einmal eine Erklärung abgegeben hat. Stimmt das?

Nein. Wann eine Erklärung abgegeben werden muss, ist gesetzlich geregelt und hängt nicht davon ab, ob man bereits eine Erklärung in Vorjahren eingereicht hat. So liegt zum Beispiel eine Abgabeverpflichtung vor, wenn Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Elterngeld bezogen wurde, ein Freibetrag auf der Steuerkarte eingetragen wurde oder ein zweites Arbeitsverhältnis auf Steuerkarte (Steuerklasse VI) bestand. Daneben gibt es weitere Umstände, die zur Abgabe verpflichten. Da sich die persönlichen Verhältnisse auch jährlich ändern, muss diese Frage jährlich neu gestellt werden.

Ich lebe seit diesem Jahr von meinem Mann getrennt. Muss ich die Erklärung für 2009 zwingend mit meinem Mann zusammen machen oder gibt es Alternativen?

Ehepaare können grundsätzlich zwischen einer Zusammenveranlagung und einer getrennten Veranlagung wählen. Da Sie erst ab 2010 getrennt leben, ist für die Veranlagungsjahre 2009 und auch 2010 eine Veranlagung wie bei Ehepaaren möglich.

Wie kann ich meinen Anspruch durchsetzen, wenn das Finanzamt meine Angaben nicht akzeptiert?

Wenn Sie Ihrer Nachweis- oder Darlegungspflicht nachgekommen sind und das Finanzamt abweichend auf seinen Standpunkt beharrt, ist innerhalb eines Monats gegen den Steuerbescheid ein Einspruch zu erheben. Dabei sollten Sie die Gründe des Finanzamtes prüfen. Gelangen Sie zu der Auffassung, dass das Finanzamt fehlerhaft entschieden hat, wird mit Ihrem Einspruch der Vorgang noch-mals vollständig aufgerollt. Die Einspruchserledigung erfolgt überwiegend positiv für den Steuerbürger. Im Ablehungsfall bleibt abzuwägen, ob eine Klage beim Finanzgericht erfolgversprechend sein kann. Auch hier ist häufig mit positiven Entscheidungen für den Kläger, also gegen das Finanzamt zu rechnen. Während das Einspruchsverfahren bei der Behörde gebührenfrei verläuft, entstehen beim Finanzgericht Gebühren.

Ist die Berechnung von Umsatzsteuer für die Abwasserbeseitigung durch die Hallische Wasser- und Abwasser GmbH (HWA) berechtigt?

Grundsätzlich unterliegen hoheitliche Leistungen nicht der Umsatzbesteuerung. Die von Ihnen genannte Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 08.01.1998 hatte dies seinerzeit so bestätigt. Allerdings wandeln sich die Zeiten und auch Entwicklungen in den Kommunen. Unter welchen Voraussetzungen eine Betätigung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als hoheitliche Tätigkeit anzusehen ist, hat aktuell der BFH im Urteil vom 29.10.2008, Az: I R 51/07 dargelegt. Das Bundesministerium der Finanzen hatte hierzu mit Schreiben vom 11.12.2009, Az: IV C 7 – S 2706/07/10006 Stellung bezogen.

Zu der Abgrenzung von hoheitlicher und wirtschaftlicher Tätigkeit wird darin ausgeführt, dass eine vorbehaltene Tätigkeit nicht vorliegt, wenn die Kommune die Aufgaben auf Dritte übertragen kann. Wenn die HWA als Unternehmen in privater Rechtsform auftritt (wie z. B. die Stadtwerke Pirna GmbH) liegt seit 2003 keine hoheitliche Aufgabe vor.

Meine Rente, die ich seit 2005 bekomme, beträgt monatlich brutto 1.265 Euro. Laut Auskunft des Finanzamtes muss ich keine Steuererklärung einreichen. Nun habe ich die Möglichkeit, in einem Nebenjob 350 Euro monatlich zu verdienen. Muss ich mir eine Lohnsteuerkarte besorgen?

Sie benötigen keine Steuerkarte und müssen diesen Nebenverdienst auch nicht beim Finanzamt erklären, wenn Sie ihn als Minijob mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Der Arbeitgeber führt eine Pauschale für Lohnsteuer und Sozialabgaben (zusammen 30 %) an die Minijob-Zentrale ab und die Sache ist damit für Sie erledigt. Sie erhalten die 350 Euro ausgezahlt und müssen dies dem Finanzamt nicht melden. Die geringfügige Beschäftigung (sog. Minijob) geht bis zu 400 Euro monatlich.

Lohnt sich denn die Abgabe einer Steuererklärung für jeden?

Abgesehen davon, dass man in vielen Fällen ohnehin verpflichtet ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, können die Steuerbürger häufig auch Geld beim Finanzamt rausholen. Wer beispielsweise mit Sonderausgaben wie Kirchensteuern, Ausbildungskosten oder Unterhalt an den Ehegatten das Einkommen senken kann oder zu viel Abgeltungssteuer gezahlt hat. Es gibt weit mehr Gründe, die Kasse klingeln zu lassen. Etwa 90 % der Arbeitnehmer können mit einer Erstattung rechnen; im Schnitt wurden in den letzten Jahren etwa 800 bis 900 Euro erstattet.

Kurzarbeitergeld ist steuerfrei und führt trotzdem zu einer Steuerbelastung, wie kommt denn sowas?

Das Zauberwort heißt: Progressionsvorbehalt und bedeutet, dass zwar das Kurzarbeitergeld steuerfrei bleibt, die anderen Einkünfte aber mit einem Steuersatz belastet werden, der das Kurzarbeitergeld einschließt. Der Progressionsvorbehalt gilt auch für andere Lohnersatzleistungen wie z.B. Krankengeld, Elterngeld, Arbeitslosengeld. Der Sinn liegt darin, dass Empfänger von Lohnersatzleistungen nicht besser gestellt werden, als diejenigen, die zwar höhere Lohnbezüge haben, aber durch die Steuerabzüge belastet sind.

Ich komme in diesem Jahr mit den Formularen überhaupt nicht klar. Wo gibt es Hilfe?

Kompetente Beratung und Hilfe gibt es beim Steuerberater oder in den zahlreichen Beratungsstellen der Lohnsteuerhilfevereine. Die Anschriften örtlicher Beratungsstellen der Vereine oder eines Steuerberaters sind im Telefonbuch oder in den Gelben Seiten zu finden.

Unter der Rufnummer 030/40632449 oder im Internet unter www.beratungsstellensuche.de können die Beratungsstellen des Neuen Verbandes der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) erfragt werden. Einen Steuerberater in der Nähe kann man übers Internet unter www.dstv.de finden.

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