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Prophylaxe gegen Links

Bundesfamilienministerin Schröder will antilinke Projekte stärker fördern

  • Hartmut Rübner
  • Lesedauer: 3 Min.
Die schwarz-gelbe Koalition hatte Ende vergangenen Jahres angekündigt, aus den Bundesmitteln für zivilgesellschaftliches Engagement gegen den »Rechtsextremismus« in Höhe von 24 Millionen Euro erstmals einen Teil für Projekte gegen den »Linksextremismus und Islamismus« zu verwenden. Während dieses Jahr dafür zwei Millionen an »Haushaltsresten« bereit stehen, werden in den laufenden Haushaltverhandlungen weitere fünf Millionen Euro beantragt.

Kurz vor den 1. Mai-Demonstrationen hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder präzisiert, welchen Trägern die zwei Millionen Euro gegen islamistische und linke Gewalt zufließen. Im Bereich »Linksextremismus« handelt es sich um die Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW), die bislang »Extremismus und Fundamentalismus« vor allem durch Aufklärung über die DDR und die Weimarer Republik bekämpfte. Kooperationspartner dieser sich als »Demokratie-Werkstatt« verstehenden Stiftung sind u. a. die Landeszentrale für politische Bildung, die Diakonie sowie die Bertelsmann-Stiftung als auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Förderung durch das Bundesfamilienministerium dürfte dem EJBW hoch willkommen sein. Im zehnten Jubiläumsjahr 2009 sank die Auslastungsquote der Einrichtung auf 72 Prozent. Zur Realisierung eines geplanten Erweiterungsbaus fehlten deshalb die Finanzmittel.

Während die EJBW ebenso wie der Verfassungsschutz ihren Schwerpunkt auf »Multiplikatoren-Training« setzt, zielt die zweite, für antilinke Prävention vorgesehene Einrichtung auf eine jugendliche Klientel. Denn bei der Internationalen Begegnungsstätte Jugendhof Scheersberg stehen die musische Erziehung und Theaterworkshops auf dem Programm. Der Verein will nach eigenen Aussagen soziale Kompetenz mit politischer Bildung verbinden und dies durch kreative Methoden erreichen.

Für den Förderbereich »Islamismus« ist die ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur in Berlin auserkoren. Die gemeinnützige GmbH strebt eine zivilgesellschaftliche »Leistungsgesellschaft« an, wobei man sich selbst als »unabhängige Beobachtungsstelle in Sachen Gewalt und Extremismus« versteht. Insofern gelte es »allen Formen des Antisemitismus entgegenzutreten, ebenso wie linksradikalen Strukturen und Aktivitäten«. Bernd Wagner, Geschäftsführer des ZDK, kann hier auf eigene Erfahrungen verweisen, denn der heutige Extremismusforscher kann auf eine langjährige Karriere in der Kriminalpolizei der DDR zurückblicken. Nach eigener Auskunft gehörte er zwischen 1975 und 1989 der SED an. Zuletzt war der gelernte DDR-Bürger und Kriminaloberrat als Leiter der Abteilung Staatsschutz im Gemeinsamen Landeskriminalamt der Neuen Bundesländer beschäftigt. Anschließend gründete der alerte Ex-Staatsschützer mit Unterstützung der Freudenberg-Stiftung und der Amadeu-Antonio-Stiftung das ZDK und die Aussteigerinitiative Exit für rechte Gewalttäter. An der antiislamistischen Präventionsarbeit soll zudem die Alevitische Gemeinde Deutschland beteiligt werden. Der Dachverband verbindet vor allem die sich dem schiitischen Islam verbundenen türkischen Migranten.

Die neue Ausrichtung der zuvor ausschließlich gegen Rechts aufgelegten Bundesprogramme sorgt in Initiativen gegen Rechts und bei engagierten Sozialwissenschaftlern für Unruhe. Als Extremismusfachfrau der CDU gilt die Familienministerin Schröder als Vertreterin eines konservativen Ansatzes, der Rechts- mit Linksextremismus und Islamismus als demokratiefeindlich quasi gleichsetzt. Eine solche Betrachtungsweise ist nicht nur modus operandi für den Verfassungsschutz, sondern auch die Forschungsstrategie der umstrittenen Politikwissenschaftler Eckhard Jesse und Otto Backes. Handlungspolitisch soll der Antiextremismus durch eine klare Abgrenzungsstrategie vor allem auch gegen die in einigen Bundesländern als verfassungsfeindlich eingestufte Linkspartei umgesetzt werden. Dazu berufen seien laut Verfassungsschutz und konservativen Extremismusforschern die Öffentlichkeit, insbesondere aber auch die als zu liberal gegen links eingestellten Medien. Kritiker monieren, dass die menschenfeindliche Einstellungen der breiten Mitte dabei ausgeklammert bleiben; sonst könnten hierbei namhafte Politiker der etablierten Parteien mitsamt ihres Wählerklientels in das Blickfeld geraten.

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