»Europa 2030« mit schwäbischem Akzent

Zukunftsbericht an EU-Ratspräsidenten übergeben / »Pakt mit Bürgern« angestrebt

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf dem EU-Gipfel am 17. und 18. Juni werden sich die Staats- und Regierungschefs mit einem Bericht zur Zukunft der Gemeinschaft beschäftigen. Das Papier hatte eine Arbeitsgruppe europäischer Politiker jetzt vorgelegt.

Für wenige Sekunden durfte sich Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster kürzlich im Zentrum des EU-Interesses fühlen. Direkt neben EU-Ratspräsident Herman van Rompuy stand der CDU-Mann aus der baden-württembergischen Landeshauptstadt, als ein Gruppenfoto den Schlusspunkt unter eineinhalb Jahre Arbeit im Dienste Europas setzte. So lange hatte die »Reflexionsgruppe Horizont 2020-2030« daran getüftelt, passende Ideen für die Zukunft der EU zu formulieren. Schuster gehörte diesem zwölfköpfigen »Rat der Weisen« an, den die EU-Staats- und Regierungschefs Ende 2007 eingesetzt hatten. Wohin soll die Reise der Union gehen? – so lautete die Fragestellung. Das Ergebnis der Ratgeber in Kurzfassung: Mehr Europa ist nötig.

»Die EU steht an einem Wendepunkt«, sagte Spaniens ehemaliger Regierungschef Felipe Gonzales, der die Reflexionsgruppe leitete. Nur wenn die EU-Mitgliedsstaaten mehr als bisher an einem Strang ziehen würden, könnte sich die Union künftig in dem immer stärker werdenden globalen Wettbewerb behaupten. Mehr Europa also in der Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik, bei Fragen von Forschung, Entwicklung und Integration, bei Energie-, Verteidigungs- und Sicherheitsstrategien. Die Maßnahmen, die auf EU-Ebene zur Stabilisierung der Einheitswährung derzeit getroffen würden, seien deshalb als Schritte in die richtige Richtung zu begrüßen.

Um solch ein gemeinschaftliches Handeln aber zur Regel werden zu lassen, müsse ein »Ruck« durch die EU gehen. »Die EU hat die Wahl: Reform oder Niedergang«, heißt es in dem Bericht. Zu den Reformen gehöre auch die Wandlung des Arbeitsmarktes hin zu mehr Flexibilität, ohne soziale Komponenten zu vergessen. Ausdrücklich seien deshalb die »Flexicurity«-Modelle zu begrüßen, die in einigen Ländern schon greifen und Flexibilität und soziale Sicherheit in einer neuen Art miteinander verbinden würden.

Bei den Prozessen des Wandels sollen mehr als bislang auch die Bürger beteiligt werden. Deren Perspektive hatte vor allem Schuster in die Reflexionsgruppe eingebracht. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel war er als deutscher Vertreter und Experte für die Belange der Kommunen und Regionen in den »Rat der Weisen« berufen worden. Auf ihn geht auch das Modell des »Regierens in Partnerschaft« zurück, das in dem Projektbericht enthalten ist. Es soll einen Handlungsrahmen bilden, wie europäische Themen über alle Ebenen bis hin in das Wirken der Bürger gebracht werden können. »Die großen Themen der EU sind die gleichen Themen wie auf lokaler Ebene auch«, sagte Schuster. Wenn der Bürger erfahre, dass sein Engagement direkt etwas mit der Gestaltung der EU zu tun habe, werde er sich mehr für diese EU interessieren und einsetzen.

Als Argument dienten Schuster erfolgreiche Beispiele seiner Stuttgarter Politik. Über die Initiativen Cities for Children (Städte für Kinder) oder Cities for Local Integration Policy (Städte für lokale Integrationspolitik) habe es Stuttgart geschafft, ein europäisches Netzwerk aufzubauen, in dem sich Bürger für dieselben Anliegen an unterschiedlichen Orten engagieren und gleichzeitig aktiv an der Gestaltung der EU arbeiten. Die Projekte laufen in Verbindung mit Forschungszentren und den Brüsseler EU-Institutionen.

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