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Wann ist Sterbehilfe aktiv?

Bundesgerichtshof wird grundsätzlich urteilen

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wird am 25. Juni sein Grundsatzurteil zur Sterbehilfe verkünden. Es wird erwartet, dass der 2. Strafsenat dann Voraussetzungen nennt, wann die medizinische Behandlung von unheilbar erkrankten und nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten abgebrochen werden darf.

Karlsruhe (Agenturen/ND). Der Bundesgerichtshof (BGH) will die rechtlich umstrittene Abgrenzung zwischen passiver und verbotener aktiver Sterbehilfe klären und dazu ein Grundsatzurteil am 25. Juni verkünden. Bei der Verhandlung am Mittwoch wurde deutlich, dass die Umsetzung des Patientenwillens dabei stärker in den Vordergrund rücken wird. Ärzte und Betreuer, die diesem Willen Geltung verschaffen, wären dann womöglich besser vor Strafe geschützt.

In dem verhandelten Fall lag eine Frau rund fünf Jahre in einem Heim im Wachkoma und wurde künstlich ernährt, bis ihre Tochter auf Anraten des nun angeklagten Anwalts den Schlauch der Magensonde durchschnitt. Zuvor hatte sich das Heim trotz ärztlicher Anordnung und einer Patientenverfügung der Frau geweigert, die künstliche Ernährung einzustellen.

Der Anwalt der Tochter, der renommierte Patientenrechtler Wolfgang Putz, war deshalb vom Landgericht Fulda wegen gemeinschaftlichen versuchten Totschlags zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Tochter wurde freigesprochen, weil sie dem Rat des Anwalts »irrtümlich« gefolgt war. Am Freitag forderte nun selbst der Vertreter der Bundesanwaltschaft auch den Freispruch von Putz.

Das Gericht will der Vorsitzenden Richterin Ruth Rissing-van Saan zufolge grundsätzlich prüfen, wie weit Sterbehilfe gehen kann und wo die Grenze »zwischen Töten und natürlichem Sterben« verläuft. Seit der Gesetzesreform vom September 2009 müssen Patientenverfügungen zwar beachtet werden und etwa ein zum Betreuer bestelltes Familienmitglied dem Willen des Kranken »Geltung« verschaffen. Andererseits verbietet der nicht veränderte Paragraf 216 im Strafgesetzbuch weiterhin die »Tötung auf Verlangen« durch sogenanntes aktives Tun.

Dass seitdem etwa das Abschalten eines Beatmungsgerätes durch einen Arzt rechtlich als zulässiges »Unterlassen« einer lebensverlängernden Therapie bewertet wird, das Durchtrennen eines Schlauches aber unzulässiges »aktives Tun« sein soll, »ist keinem Laien zu erklären«, sagte die Vorsitzende Richterin.

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