Vesper: »Können uns nur selbst schlagen«

Olympia-Check: München - Pyeongchang 4:3 / Hoffnungsträgerin Witt

  • Gerd Holzbach
  • Lesedauer: 3 Min.
Lausanne (SID) Zu vorgerückter Stunde schwelgte Michael Vesper in Optimismus: »Jetzt haben wir den richtigen Rückenwind. Wir können uns nur selbst schlagen«, meinte der Aufsichtsrats-Chef der deutschen Olympia-Bewerbung 2018 nach Münchens Ernennung zum offiziellen Kandidaten mit Blick auf die Olympiavergabe kommendes Jahr. Das Geheimnis um den Gastgeber wird nach dem Votum von 115 IOC-Mitgliedern am 6. Juli 2011 im südafrikanischen Durban gelüftet.

In vier der zehn wichtigsten Punkte hatte die Arbeitsgruppe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) der Münchner Bewerbung Bestnoten verliehen, in drei Fällen dem südkoreanischen Rivalen Pyeongchang. Dreimal gab es ein Patt. Annecy/Frankreich wurde nur deshalb durchgewunken, weil es diesmal so wenig Bewerber gab wie seit den Sommerspielen 1984 (nur Los Angeles) nicht mehr. Für die Winterspiele 2006 hatten sich noch sechs, 2010 acht und 2014 sieben Städte beworben.

Erstaunlich vor allem, dass München sogar bei den Sportstätten die 43.000 Einwohner zählende südkoreanische Kleinstadt ausstach. Denn diese hat immerhin die Erfahrung zweier gescheiterter Bewerbung hinter sich: 2003 unterlag sie mit 53:56 IOC-Stimmen gegen Vancouver, 2007 mit 47:51 gegen Sotschi.

Vorn lag München auch in den Bereichen Infrastruktur, Erfahrung mit Sportereignissen und Umweltschutz/Ökologie. Dies trotz seiner Probleme mit Umweltschützern, die in Garmisch-Partenkirchen eine Bürgerinitiative gegen die Spiele starten wollen. »Sie müssten jetzt sehen, dass unser Konzept inklusive Nachhaltigkeit besser ist als das der anderen«, meint Münchens Olympia-Chef Willy Bogner.

Der Modemacher und frühere Skistar hat in Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt eine Idealfigur für die Lobby-Arbeit im IOC. »Ich werde jetzt mehr denn je aus dem Koffer leben«, sagt die Frau, die weltweit so bekannt ist wie allenfalls Franz Beckenbauer und Türen öffnen kann wie kaum eine andere.

Ein Patt mit den Koreanern gab es in den Parametern Olympisches Dorf, Hotelkapazität und Sicherheit. Pyeongchang, das 2009 als Ausrichter der von Wetter-Problemen gebeutelten Biathlon-WM harsche Kritik einsteckte, erhielt Höchstpunkte für: Finanzen, Unterstützung durch Regierung und Öffentlichkeit sowie das Transport-Konzept.

Auch IOC-Vize Thomas Bach, der die Münchner Bewerbung als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) auf den Weg gebracht hatte, zeigte sich angesichts der guten Werte so froh, wie man ihn selten erlebte. Doch der gewiefte Taktiker warnte: »Pyeongchang bleibt Favorit. Wir liegen knapp dahinter und müssen bis Durban einen richtigen Spurt hinlegen.«

Vesper könnte sich allerdings vorstellen, dass im IOC der Mitleidseffekt wegen zwei gescheiterter Pyeongchang-Bewerbungen eine Rolle spielen könnte. Hier hat IOC-Chef Jacques Rogge bereits vorgebeugt: »Ich glaube nicht, dass es im IOC jemals eine Wahl gab, bei der das Thema Mitleid entscheidend war.«

Südkoreas Regierung hat allerdings ein sehr hohes Interesse daran, dass der dritte Anlauf klappt. Aus diesem Grund hat Regierungsschef Lee Myong Bak den wegen Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe zu drei Jahren Gefängnis verurteilten und aus dem IOC ausgeschlossenen Lee Kun Hee (68) »mit Blick auf die nationalen Interessen« begnadigt.

Der frühere Chef des Weltkonzerns Samsung ist inzwischen nicht nur wieder ins Unternehmen, sondern nach dem Ausschluss 2005 auch wider ins IOC zurückgekehrt. Lee Kun Hee hat als Strippenzieher sehr großen Einfluss auf die wichtigsten Entwicklungen im internationalen Sport. Er steht mit einem geschätzten Vermögen von fünf Milliarden Dollar auf der Liste der reichsten Männer der Welt.
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