Klassenkampf in der Gefahrenzone

Massenschlägerei zwischen Jugendlichen und Polizei in Hamburg

  • Susann Witt-Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach einer Massenschlägerei zwischen Jugendlichen und der Polizei im Hamburger Stadtteil Neuwiedenthal, bei der ein Beamter lebensgefährlich verletzt wurde, hat sich der mutmaßliche Haupttäter gestellt. Die Linksfraktion fordert Aufklärung der genauen Umstände und will den Vorfall heute in einer Aktuellen Stunde des Senats thematisieren.

Eine Horde Jugendlicher greift in dem Hamburger Problem-Stadtteil Neuwiedenthal Polizisten an. Fünf Beamte werden verletzt – einer von ihnen lebensgefährlich. Eigentlich ein klarer Fall. Ein gut fünfminütiges Video, das im Internet kursiert, wirft allerdings die Frage auf, ob die Polizei nicht fleißig miteskaliert hat. Die Bilder zeigen, wie ein Polizist mit einem Schlagstock auf den am Boden liegenden Mateusz W. eindrischt, nachdem dieser schon, vermutlich mit Pfefferspray, außer Gefecht gesetzt worden war. Ein anderer Beamter droht mit seinem Stock und fordert einen sich nähernden Halbstarken heraus: »Komm doch her, Du Feigling!«

Für Polizeisprecher Ralf Meyer sind die Vorkommnisse in dem Video »selektiv« dargestellt. Die Beamten seien mit dem Straftatbestand des Widerstands gegen die Staatsgewalt konfrontiert gewesen: Die Besatzung eines Streifenwagens habe Mateusz W. am Abend des vergangenen Samstags wegen exhibitionistischer Handlungen aufgegriffen. Der Mann habe sich gewehrt. Die Beamten hätten Zwangsmittel gegen ihn eingesetzt. Daraufhin hätten sich 30 Personen, vorwiegend Jugendliche, zusammengerottet und die Ordnungshüter mit Steinen und Flaschen beworfen. Während einer anschließenden Schlägerei sei ein Polizeikommissar zu Boden gerissen und mit heftigen Tritten ins Gesicht traktiert worden. Der 46-jährige Beamte liegt mit Schädelfrakturen im Krankenhaus.

16 Personen konnten festgenommen werden. Nicht dabei war der mutmaßliche Haupttäter Amor S. Der stellte sich am Montagabend der Polizei. Gegen ihn wurde wegen des Verdachts auf versuchten Totschlag und schwere Körperverletzung Haftbefehl erlassen. Der 31-jährige mehrfach vorbestrafte Tunesier und seine Gang hatten 1997 den 17-jährigen Azubi Mirco S. – der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen – mit diversen Drangsalierungen in den Freitod getrieben.

Brennende Pkw, Schlägereien, Überfalle – vor allem wegen dem hohen Maß an Bandenkriminalität gilt der Stadtteil Neuwiedenthal im Bezirk Harburg als sozialer Brennpunkt. Um der brenzligen Lage in dem Hochhäuserdschungel Herr zu werden, lässt die Polizeiführung nun die Muskeln spielen. Die Besatzung der zuständigen Polizeiwache 47 wurde am Dienstag verstärkt, Neuwiedenthal offiziell zur »Gefahrenzone« erklärt. Von nun an dürfen dort verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchgeführt werden.

Freilich ließ auch die obligatorische Forderung nach einer Strafverschärfung von Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) nicht auf sich warten: »Das Maß ist voll!« Hamburgs Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Joachim Lenders übt sich sogar schon im Klassenkampf und bezeichnete die randalierenden Jugendlichen als »Unterschicht und Abschaum der Straße«.

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