Letzte Sitzung für Schwarz-Gelb?

Heinz Werner Jezewski über Carstensens mögliches Ende / Der Krimi-Autor Jezewski ist Fraktionschef der LINKEN im Landtag von Schleswig-Holstein

  • Lesedauer: 3 Min.
Fragwürdig: Letzte Sitzung für Schwarz-Gelb?

ND: Herr Jezewski, im Kieler Landtag ging es hoch her in den Wochen seit dem Sparpaket von CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. Wie geht es nach der Sommerpause weiter?
Jezewski: Ganz anders, hoffe ich, und trotzdem spannend. Es ist ja gut möglich, dass die vergangene Sitzung des Landtags die letzte mit einer schwarz-gelben Mehrheit war. Ich meine auch, mit dieser Hoffnung nicht alleine zu sein. Selbst im Parlament schien mir diese Erwartung in den letzten Tagen spürbar.

Der Hintergrund sind zwei Klagen gegen die Zusammensetzung des Kieler Landtages, über die das Landesverfassungsgericht in Schleswig gerade berät.
Richtig. Grüne und der Südschleswigscher Wählerverband (SSW) haben eine Normenkontrollklage gegen das Landeswahlgesetz erhoben. Wir klagen dagegen »nur« gegen die Auslegung der Regelung zu den Überhangmandaten. Weil nicht alle Überhangmandate mit Ausgleichmandat aufgefangen werden, haben CDU und FDP eine Mehrheit, obwohl sie deutlich weniger Zweitstimmen hatten als SPD, Grüne, Linkspartei und SSW zusammen. Das können wir nicht hinnehmen. Das Gericht will noch vor der Septembersitzung des Landtages entscheiden.

Was ist der Unterschied zwischen Ihrer und der Grünen-Klage?
Wir fahren da zweigleisig. Wenn sich SSW und Grüne vor Gericht durchsetzen sollten, müsste erst zur nächsten Landtagswahl das Wahlgesetz geändert werden. Wenn dagegen unsere Klage durchkommt, müsste die Zusammensetzung des Parlaments sofort geändert werden. Dann bekämen FDP, SPD und Grüne jeweils zwei Sitze mehr. SPD, Grüne, SSW und Linkspartei hätten dann zusammen 51 Sitze, Schwarz-Gelb nur noch 50. Theoretisch könnte man den Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen dann absetzen.

Wird es dazu Ihrer Meinung nach kommen?
Das ist schwer zu sagen. Es gibt auch im Oppositionslager viele Streitpunkte. Zum Beispiel haben alle Fraktionen außer der LINKEN der so genannten Schuldenbremse zugestimmt. Das ist für uns schon ein Knackpunkt. Ich fürchte eher, dass Schwarz-Gelb für den Fall eines Urteils in unserem Sinne Verstärkung bekommen würde. Zum Beispiel von den Grünen, deren Landesvorsitzender Robert Habeck schon während des letzten Wahlkampfes entsprechende Signale gesendet hat. Aber ich hoffe natürlich darauf, dass die Grünen sich dafür dann doch nicht hergeben, wenn es darauf ankommt.

Schon ein Regierungseintritt des SSW würde doch reichen.
Zwischen SSW und Schwarz-Gelb gibt es erhebliche Unterschiede, etwa in der Sozial- und Kulturpolitik. Vermutlich wären die Grünen für CDU und FDP der einfachere Partner.

Was wäre denn Ihr bevorzugtes Modell für Schleswig-Holstein?
Wechselnde Mehrheiten wie in Nordrhein-Westfalen! In der Schul-, Bildungs- und Minderheitenpolitik könnten wir sofort gemeinsame Gesetze beschließen. Zum Beispiel die Regionalschule abschaffen – zugunsten echter Gesamtschulen.

Wie bereiten Sie sich auf den Herbst vor?
Für die Septembersitzung, die im Fall einer erfolgreichen Klage wohl noch vor den Koalitionsverhandlungen stattfände, bereiten wir eine Reihe von Anträgen vor. Wir werden etwa die SPD-Forderung nach drei kostenfreien Kita-Jahren aufgreifen. Mal sehen, was dann passiert.

Fragen: Velten Schäfer

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