LINKE will Rot-Grün treiben

Landesparteitag stärkte eigene Rolle als machtbewusste Opposition

  • Marcus Meier, Leverkusen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspartei will Hannelore Krafts Wahl zur NRW-Ministerpräsidentin ermöglichen – durch Stimmenthaltung. Wahlkampfkoordinator Hubertus Zdebel wurde zum neuen Landesvorsitzenden gewählt.

Die NRW-LINKE hat am Wochenende auf ihrem Landesparteitag in Leverkusen einen neuen Vorsitzenden gewählt: Hubertus Zdebel, Koordinator des erfolgreichen Landtagswahlkampfes, setzte sich mit 109 zu 95 Stimmen gegen den Bundestagsabgeordneten Paul Schäfer durch. Zdebel wird keiner Strömung zugerechnet, Schäfer ist einer der Köpfe der »Sozialistischen Linken«. Der bisherige Landesvorsitzende Wolfgang Zimmermann war nicht wieder angetreten, da er sich auf sein Amt als Fraktionschef konzentrieren will. Zdebel wird gleichberechtigt Katharina Schwabedissen (»Antikapitalistische Linke«) zur Seite stehen. Schwabedissen wurde bei einer Zustimmung von gut 70 Prozent und ohne Gegenkandidatin als Landesvorsitzende bestätigt.

Kraft wird nicht gewählt

Der Parteitag riet seiner Fraktion im Landtag, sich bei der Ministerpräsidentinnen-Wahl am Mittwoch der Stimme zu enthalten. Einem »Ja« für die Sozialdemokratin Hannelore Kraft erteilte exemplarisch Wolfgang Zimmermann eine Absage: »Es gibt noch ein gesundes Misstrauen.« Auch bei Stimmenthaltung der LINKEN kann Kraft im zweiten Wahlgang zur Regierungschefin gewählt werden – vorausgesetzt, die rot-grünen Reihen bleiben geschlossen.

Zimmermann ließ offen, ob die Linksfraktion, wie angekündigt, den CDU-Kandidaten Eckhard Uhlenberg zum Landtagspräsidenten mitwählen werde. Das entspräche demokratischem Brauch, stellt die CDU doch die stärkste Fraktion, hatte Zimmermann zuletzt betont. Doch die CDU will der LINKEN einen Sitz im Landtagspräsidium verweigern. In diesem Fall müsse die LINKE »neu diskutieren«. Zimmermann deutete an, seine Fraktion könnte auch einen etwaigen SPD-Kandidaten unterstützen.

Die Partei habe »einen großartigen Wahlkampf« geführt und mit 5,6 Prozent »ein hervorragendes Ergebnis« bei der Landtagswahl am 9. Mai erzielt, lobte die LINKE-Bundesvorsitzende Gesine Lötzsch, die dem Landesverband zudem ein Kompliment für umsichtiges und kluges Verhalten nach der Wahl machte. »In NRW wird das Fundament für weitere Erfolge im Westen gelegt«, sagte Lötzsch mit Blick auf die Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bremen 2011.

Hubertus Zdebel kritisierte den rot-grünen Koalitionsvertrag. Er stehe nicht für den angekündigten Politikwechsel. Der Bruch weiterer Wahlversprechen sei zu befürchten, sagte Zdebel mit Blick auf Aussagen, denen zufolge Rot-Grün zunächst einen »Kassensturz« plane. »Wir müssen Rot-Grün vor uns hertreiben«, rief Zdebel unter starkem Beifall. Die NRW-LINKE sei »ein klar linker Landesverband«, ergänzte Katharina Schwabedissen. Sie werde weder zur »Abnickerpartei« noch »Totalopposition« betreiben. Auch Norbert Müller, Vize-Landesvorsitzender der Bildungsgewerkschaft GEW, kritisierte als Gastredner die rot-grünen Verhandlungsergebnisse. Rot-Grün wolle kein »wirkliches Umsteuern in der Schulpolitik«. Die LINKE hingegen sei eine »nicht zu unterschätzende Hoffnung für mich als Gewerkschafter«.

Verband rapide gewachsen

Der Landesverband und seine Bedeutung sind in den letzten Jahren rapide gewachsen. Seit 2007, als PDS und WASG zur LINKEN verschmolzen, verdoppelte sich die Zahl seiner Mitglieder laut Parteiangaben auf 9000. Damit ist NRW derzeit der viertstärkste LINKE-Landesverband. Seit Mai stellt die Partei elf Abgeordnete im Landtag.

Der scheidende Landesvorsitzende Wolfgang Zimmermann monierte, die Vorstandsarbeit sei rein ehrenamtlich nicht mehr zu bewältigen. Auch weitere Probleme wurden von den Delegierten offen thematisiert: Die Basis vor Ort ist oft zerstritten, Ratsmitglieder gehen der Partei von der Stange, in der Mitglieder-Qualifizierung sind Optimierungspotenziale erkennbar. Und: Der durchschnittlich bezahlte Mitgliedsbeitrag liegt bei lediglich 5,80 Euro pro Monat.

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