Heuschrecke an der Wall Street

Beteiligungsgesellschaft KKR nun an New Yorker Börse

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit KKR geht einer der Pioniere der umstrittenen Finanzinvestoren an die New Yorker Börse. Die besten Zeiten für »Private Equity« scheinen jedoch vorbei zu sein.

SPD-Chef Franz Müntefering beschimpfte sie einst als »Heuschrecken«. Gemeint waren Beteiligungsgesellschaften wie KKR, die auf Pump fremde Firmen kauften und sie »auffraßen«. Nun ist mit dem US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) einer der Pioniere für kreditfinanzierte Firmenübernahmen an der Wall Street angekommen: Seit Mitte Juli wird KKR an der New Yorker Börse notiert.

Die nun unter »KKR & Co.« firmierende Gesellschaft verwirklicht damit ein lange geplantes Vorhaben, das wegen Krise und schwacher Aktienkurse mehrfach verschoben wurde. Um letztlich an der New Yorker Börse anzukommen, wählte KKR einen Umweg über Holland. An der dortigen Börse war eine KKR-Tochtergesellschaft schon länger präsent. Das Debüt in New York war daher kein normaler Börsenauftritt, sondern ein Wechsel der bislang an der Amsterdamer Börse Euronext gehandelten Aktien. Angekommen an der Wall Street baut KKR auf neue Anleger, die Aktien kaufen und so Kapital in die Kriegskasse spülen. Das zukünftige Wachstum will KKR-Gründer Henry Kravis über die Aktienemission finanzieren, vor allem um unabhängiger von Bankkrediten zu werden.

Viele Heuschrecken wären nämlich ohne Hilfe der eigentlichen Herren des Geldes gar nicht groß geworden: Großbanken wie Morgan Stanley oder die Deutsche Bank waren es, die Finanzinvestoren mit Bankdarlehen die oft feindlichen Übernahmen erst ermöglichten. Die Kreditinstitute reichten diese Darlehen dann großteils an andere Investoren weiter, um nicht das volle Risiko selber tragen zu müssen. Seit den 1990er Jahren war dies für die meisten Beteiligten ein einträgliches Geschäft.

Beteiligungsgesellschaften wie KKR konnten so ganze Firmen ohne eigenes Geld auf Pump übernehmen, zerlegten sie in Einzelteile, um die dann mit Aufschlag weiter zu veräußern. Andere Heuschrecken fuhren einen strammen Rationalisierungskurs, um die für Investoren entscheidende Eigenkapitalrendite zu beschleunigen und verkauften die dadurch im Kurs steigenden Aktien.

Allerdings »fraß« längst nicht jede Heuschrecke alles auf. Der deutsche Automatenhersteller Wincor Nixdorf beschäftigte 1999 3500 Mitarbeiter und machte kaum Gewinn. Dann stiegen KKR und Goldman Sachs ein, trieben die Internationalisierung voran und senkten Produktionskosten – ohne Mitarbeiter zu entlassen. Als die Finanzinvestoren sechs Jahre später wieder ausstiegen, hatte Nixdorf fast 8000 Beschäftigte und machte Gewinne. Für KKR sollen 20 Prozent Rendite pro Jahr herrausgesprungen sein. KKR beteiligte sich auch am »Grünen Punkt«, an Autoteile Unger (ATU) und der Rüstungsschmiede MTU.

2007 erreichte der Übernahmeboom der Private-Equity-Gesellschaften seinen Höhepunkt. Mit der Krise kam das Geschäft weitgehend zum Erliegen. »Die Blütezeit ist vorbei«, meint Francis Gaskins von der Analysegesellschaft IPO Desktop.com heute.

Er könnte sich irren. Wie zu Boomzeiten sind heute die Zinsen niedrig und billionenschwere Investoren, Konzerne und Reiche suchen nach profitablen Anlagemöglichkeiten. Firmenübernahmen könnten dafür wieder lukrative Chancen bieten. KKR hat sich dafür an der Wall Street strategisch günstig aufgestellt.

Lexikon

Die Eigenkapitalrendite oder Eigenkapitalrentabilität (EKR) ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl. Sie zeigt, wie viele Zinsen das vom Kapitalgeber investierte Kapital innerhalb eines bestimmten Zeitraumes abgeworfen hat. Im Unterschied zur Umsatzrendite, die das Verhältnis von Gewinn zu Umsatz beschreibt, kann die EKR zwei- oder sogar dreistellig sein. Mithilfe der Eigenkapitalrendite kann man relativ einfach Unternehmen im Hinblick auf ihre Profitabilität vergleichen. ND

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