Modeindustrie fällt durch die T-Shirt-Prüfung

»Warentest« hat die Bedingungen in der Kleiderindustrie untersucht – mit vernichtenden Resultaten

  • Felix Werdermann
  • Lesedauer: 2 Min.
Überstunden bei kargem Mindestlohn, Tiefpreise für Rohstoffe: Die Realität in der Textilbranche hinkt weiter hinter der hippen Werbung mit »korrektem Einkaufen« her.

Längst haben auch Firmen erkannt, wie wichtig der Einsatz für Mitarbeiter und Umwelt ist, um gut dazustehen – in zahllosen Broschüren und im Internet. Doch zumindest in der Textilbranche stehen die Produktionsbedingungen im Gegensatz zu den schönen Worten. Das zeigt eine Untersuchung der Stiftung Warentest.

Dabei wurden 20 T-Shirts unterschiedlicher Anbieter bewertet. Das Ergebnis ist vernichtend: »Fast alle Modefirmen profitieren von Billiglöhnen«, heißt es in der neuen Ausgabe von »test«. Überstunden seien »vielerorts an der Tagesordnung«, meist werde nur Mindestlohn gezahlt. Zum Leben reicht das selten: In Bangladesch bekommen Näher nur 20 Euro im Monat – bei einer 48-Stunden-Woche. Deutsche Arbeiter erhalten mit Tariflohn und 40-Stunden-Woche immerhin 1700 Euro.

Testsieger ist der Naturmodeanbieter Hessnatur, der sich für Mitarbeiter und Umwelt »stark engagiert« zeige. Sechs Anbieter gelten immerhin als »engagiert«, etwa Peek&Cloppenburg oder C&A. Bei allen anderen T-Shirt-Herstellern seien nur »Ansätze« sozialer Verantwortung erkennbar. Vier Unternehmen verweigerten die Auskunft gleich ganz, darunter auch H&M. Die Stiftung Warentest hatte zur Bewertung der Unternehmenspolitik Fragebögen verschickt, Firmenzentralen sowie Fertigungsstätten besucht und Arbeiter interviewt.

Dass sich einige Unternehmen nicht in die Karten schauen lassen, ruft nun auch Verbraucherschützer auf den Plan. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert eine gesetzliche Informationspflicht von Unternehmen zu den Umwelt- und Sozialstandards ihrer Produkte. Der T-Shirt-Test habe schließlich gezeigt, dass viele Textilfirmen ihre Versprechen nicht einhielten. »Die Politik muss dafür sorgen, dass dieser Etikettenschwindel ein Ende hat«, fordert Vorstand Gerd Billen.

Gleichzeitig kritisiert er aber auch die »Geiz-ist-geil-Mentalität« vieler Kunden, die mit dazu beitrage, dass in Asien oder Osteuropa unter »unwürdigen Bedingungen« produziert werde. »Hauptsache billig hat eben auch seinen Preis, nur zahlen den andere Menschen.«

Fair gehandelte Kleidung ist allerdings schwer zu bekommen. Von den 20 untersuchten T-Shirts trägt nur eines das Fairtrade-Siegel. Und selbst das gerät in die Kritik: Die Firma Armedangels zahle »faire Preise für die Baumwolle, nicht aber für deren Verarbeitung«, schreibt »test«. Hier stoße die Fairtrade-Auszeichnung an ihre eigenen Grenzen.

Armedangels weist die Vorwürfe zurück. Den Arbeitern in Portugal werde »eine ganze Menge mehr« als der Mindestlohn von 475 Euro pro Monat gezahlt. Dies sei allerdings freiwillig und nicht vorgeschrieben, sagt ein Sprecher gegenüber ND. Um mit dem Fairtrade-Siegel werben zu dürfen, reiche es, in der Weiterverarbeitung die Mindestlöhne und die Normen der internationalen Arbeitsorganisation ILO einzuhalten.

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