Wettrüsten im Nahen Osten

Auch Deutschland liefert Waffen in das Spannungsgebiet / Westen verdient an Angst vor Iran

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie das »Wall Street Journal« dieser Tage unter Berufung auf US-amerikanische Regierungsbeamte berichtete, will Washington ein milliardenschweres Waffengeschäft mit Saudi-Arabien abschließen. Im Nahen und Mittleren Osten, einer der gefährdetsten Regionen der Welt, ist ein regelrechtes Wettrüsten im Gange.

84 Kampfflugzeuge vom Typ F-15 hat Saudi-Arabien auf der Einkaufsliste und will dafür in den nächsten zehn Jahren insgesamt 30 Milliarden Dollar (rund 22,6 Mrd. Euro) an die USA zahlen. Damit verhandeln Washington und Riad zur Zeit über einen der größten Einzellieferverträge, die jemals im Rüstungsbereich abgeschlossen wurden. Der Deal ist symptomatisch für die Lage in der Region, wo nach Analysen führender Friedensforschungsinstitute wie dem Stockholmer SIPRI oder dem Bonner BICC im globalen Vergleich überdurchschnittlich viele Waffen angehäuft werden. Und das in einem der gefährlichsten Spannungsgebiete der Welt.

So hat Beirut jetzt nach einem blutigen Gefecht zwischen libanesischen und israelischen Truppen – dem schwersten Zwischenfall seit dem Libanonkrieg vor vier Jahren – verkündet, man werde »befreundete Länder dazu drängen, uns mit modernerer Rüstung auszustatten«. Man wolle dem eigenen Militär »alles geben, was es braucht«, wie Präsident Michel Suleiman erklärte. Angaben über die Waffensysteme machte er nicht.

Die Kampfjets für Saudi Arabien sollen laut »Wall Street Journal« nicht mit den modernsten Langstreckenwaffen ausgestattet werden, wie sie die USA-Armee einsetzt. Die von Boeing gebauten Maschinen seien technisch abgespeckt. Trotzdem sehe Israel das Vorhaben sehr kritisch und befürchte, seinen militärischen Vorteil gegenüber dem regionalen Rivalen zu verlieren. Israel selbst gehört zu den besten Rüstungskunden der USA in der Region. Dafür steht auch der Kauf von 102 modernen F-16I-Kampfflugzeugen mit großer Reichweite. Unlängst hat Präsident Barack Obama den Kongress um die Bewilligung von 205 Millionen Dollar (164 Mio. Euro) für den Aufbau eines israelischen Raketenabwehrsystems gebeten. Damit solle sich der Hauptbündnispartner im Nahen Osten vor Angriffen der radikal-islamischen Gruppen Hamas im Gaza-Streifen und Hisbollah in Libanon schützen können.

Auch Deutschland versorgte Israel wie diverse arabische Staaten in der Vergangenheit immer wieder mit Rüstungsgütern, obwohl die Exportrichtlinien der Bundesregierung eigentlich Lieferungen in Spannungsgebiete ausschließen sollten. So hat die israelische Marine drei U-Boote der Dolphin-Klasse im Einsatz, von denen nach Meinung von Rüstungsexperten auch nuklear bestückte Marschflugkörper abgeschossen werden können. Für zwei übernahm die Bundesrepublik sogar allein die Kosten, die des dritten teilte man sich. Zwei weitere Dolphin-Boote werden derzeit in Kiel gebaut und sollen 2012 ausgeliefert werden. Auch hier ist Berlin an den Kosten beteiligt. Nach einem Bericht des US-amerikanischen Fachblatts »Defense News« soll Schwarz-Gelb dagegen die Zusage für Finanzierungshilfen eines sechsten U-Bootes zurückgezogen haben. Tel Aviv wie Berlin dementierten solche Verhandlungen. So wie die Bundesregierung jegliche Auskunft darüber verweigert, dass Israel zwei Kriegsschiffe vom Typ Korvette bei der Hamburger Werft Blohm & Voss bestellen will.

Die USA versuchen derweil in »klärenden Gesprächen«, Israel von der Notwendigkeit solcher Geschäfte wie mit Saudi Arabien zu überzeugen. Man sehe in dem massiven Waffendeal auch einen Weg, Teheran in die Schranken zu weisen, heißt es in Washington. Mit seinen Warnungen vor einem atomwaffenfähigen Iran habe der Westen die Aufrüstung in der Region noch einmal angeheizt. Die Militärexperten von »Forecast International« gehen davon aus, dass in diesem Jahr 60 Prozent der weltweiten Ausgaben für Rüstungsgüter von den Ländern des Golfkooperationsrates (GCC) getätigt werden. Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate dürften sich danach ihre vermeintliche Sicherheit über 63 Milliarden US-Dollar kosten lassen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal