Von Googles Gnaden

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Es scheint Zeitalter zurückzuliegen, dass erhitzt über Videokameras auf öffentlichen Plätzen diskutiert wurde. Damit würde eine flächendeckende Überwachung eingeleitet, befürchteten die Kritiker. Niemand soll sagen, dass die Befürchtungen nicht eingetroffen wären. Die Kameras sind unauffällige Begleiter bei immer mehr alltäglichen Gängen und Tätigkeiten. Auf Kreuzungen, Bahnhöfen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, an Bankschaltern oder Kaufläden und -häusern. Nur: Es stört kaum noch jemanden. Und Kritiker haben einen schlechten Stand, wenn etwa der Überfall zweier Jugendlicher auf einen Rentner in der Münchner U-Bahn erst mit Hilfe einer Videokamera aufgeklärt werden kann.

Doch zugleich schreitet die Erosion persönlicher Freiheiten und Privatheit lautlos voran. Politik und Wirtschaft sorgen Hand in Hand für Durchschaubarkeit des angeblichen Souveräns Bürger oder Kunde – bei Demonstrationen, auf Flughäfen, im Internet und in Kundenkarteien. Google ist nicht besser oder schlechter als andere Unternehmen, nur ist die Öffentlichkeit persönlicher Daten hier außer Mittel auch noch Zweck, nämlich Produktbestandteil selbst. Erfolg macht dreist, und Google selbst legt plötzlich Regeln fest, über die sich die Politik noch gar keine Gedanken gemacht hat. Vier Wochen Einspruchsfrist gegen die sichtbare Darstellung des eigenen Hauses und keine Möglichkeit, gegen diese Frist vorzugehen. Die Bundesregierung beschwört nun den guten Willen des Unternehmens, bittet quasi um notarielle Beglaubigung des politischen Armutszeugnisses. Die Politik als Bittsteller der Wirtschaft. Fast muss man Google für diese erneute Bestätigung dankbar sein.

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