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Flut bringt die »Erzfeinde« nicht zusammen

Die pakistanische Regierung tut sich schwer mit einem Hilfsangebot des Nachbarlandes Indien

  • Hilmar König
  • Lesedauer: 3 Min.
Indien wartet seit Freitag voriger Woche auf eine pakistanische Antwort zum Angebot finanzieller Unterstützung für Opfer der Überschwemmungskatastrophe. Offensichtlich spielen politische Überlegungen die ausschlaggebende Rolle dabei, die Offerte anzunehmen oder abzulehnen.

Der indische Außenminister Somanahalli Mallaiah Krishna hatte am 13. August in einem Telefonat mit seinem pakistanischen Amtskollegen Shah Mehmud Qureshi nicht nur Beileid und Solidarität bekundet, sondern fünf Millionen Dollar Soforthilfe angeboten. Eine spontane Antwort darauf gab es nicht. Im Gegenteil, Qureshis Ministerium verschwieg anschließend in einer offiziellen Mitteilung die Offerte Indiens und erwähnte nur Sympathie- und Solidaritätsbekundungen des Nachbarn.

Schon am 4. August, in der ersten dramatischen Phase der Überschwemmungen, hatte der pakistanische Außenminister Botschafter zu einem Briefing eingeladen und war mit ihnen in Flutgebiete geflogen. Der indische Hochkommissar (Botschafter) war nicht dabei. Journalisten erklärte Qureshi nun ausweichend, Delhi habe angefragt, welche Hilfe erforderlich sei und welche Prioritäten es dabei gebe. Islamabad prüfe das. Auf die Frage, warum man die indische Bereitschaft zur Hilfe nicht umgehend akzeptiere, sagte er: »Unser Verhältnis zu Indien ist anders und angesichts der Empfindsamkeiten … Wie auch immer, die Überschwemmungen sind noch nicht vorüber. Es ist eine sich weiter verschärfende Notsituation, die eine Langzeitstrategie erfordert.«

Die Inder haben inzwischen versichert, zu mehr Hilfe bereit zu sein, die aus »gänzlich humanitären und solidarischen Erwägungen« angeboten werde, eventuell auch durch Kanäle der UNO. Die indischen Medien erinnern daran, dass Islamabad 2005 nach dem Erdbeben im pakistanischen Teil Kaschmirs zunächst auch zögerte, ehe es dann doch etliche Flugzeugladungen, drei Güterzüge und 45 Lkws mit Hilfsgütern akzeptierte, allerdings eine Summe von 25 Millionen Dollar nicht annahm. Sie erwähnen auch, dass die indische Desaster Management Agency über hervorragende Ressourcen verfügt und man von indischer Seite besser in die Katastrophenregion gelangen könnte. Während des Bürgerkrieges in Sri Lanka haben indische »Familienpakete« mit allem Lebensnotwendigen vielen Menschen das Überleben gesichert. Speziell für Notzeiten zubereitete Kekse mit hohem Nährwert stellt Indien seit Langem afghanischen Kindern zur Verfügung. Damit ließen sich jetzt auch bedürftige pakistanische Jungen und Mädchen versorgen.

Indische Friedensaktivisten haben inzwischen in der pakistanischen Stadt Lahore Spenden in Höhe von 30 000 Rupien übergeben. Vinod Sharma, indischer Kopräsident der South Asia Free Media Association, appellierte an Delhi, »Pakistan maximale Unterstützung für die Menschen in den Überflutungsgebieten zu gewähren, weil beide Länder Nachbarn sind und sich in Zeiten der Not stets gegenseitig helfen sollten.«

Doch politische und historische Motive belasten immer wieder das Verhältnis der »Erzfeinde«, die bereits mehrmals Krieg gegeneinander führten. Pakistaner und Inder warten seit Jahren auf Wiederaufnahme des politischen Dialogs, der Frieden und Aussöhnung bringen soll. Selbst in dieser Ausnahmesituation hetzen jedoch entspannungsfeindliche Kreise. In einem Kommentar schrieb die pakistanische Zeitung »Nawa-i-Waqt«, das indische Hilfsangebot sei »heuchlerisch« und streue lediglich »Salz in unsere Wunden.« Es sollte »mit Dank zurückgewiesen werden«. Indien habe Dämme gebaut, um sich zu schützen, und lasse Wasser in pakistanische Flüsse ab, um »Pakistan zu verwüsten, indem es Wasser als Waffe einsetzt«. Als »heuchlerisch« kreidet das Blatt das Angebot des Nachbarn auch an, weil dieser in seinem Kaschmirteil »schreckliche Massaker an wehrlosen Menschen« verübe.

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