Patt im Prater

Restitutionsansprüche: Die Volksbühne muss auf Wiedereröffnung ihrer Spielstätte warten

Bleibt vielleicht länger zu als geplant: der Prater in der Kastanienallee
Bleibt vielleicht länger zu als geplant: der Prater in der Kastanienallee

Der Bezirk Pankow wurde auf dem falschen Fuß erwischt: Jüdische Erben melden Besitzansprüche am Prater-Theater in der Kastanienallee an. Das Gebäude dient der Volksbühne als Spielstätte und wird gerade umfangreich renoviert; anschließend soll es auch eine kommunale Galerie beherbergen. Nun musste Immobilienstadträtin Christie Keil (LINKE) jedoch unverzüglich einen Baustopp verhängen. »Die aktuelle Entwicklung war nicht abzusehen, weder für uns noch für die zuständigen Behörden«, sagt Keil. Mit einer pünktlichen Eröffnung im nächsten Jahr sei kaum mehr zu rechnen, obwohl der Bezirk fieberhaft nach einer Lösung suche.

Seit 1991 haben Mitarbeiter der Grundstücksverwaltung regelmäßig die Rechtslage über das Pratergrundstück beim zuständigen Landesamt für offene Vermögensfragen geprüft. Zuletzt sei dies 2005 unmittelbar vor dem Beginn der Bauarbeiten im Hauptgebäude geschehen, betont Christine Keil. Der Bescheid sei stets negativ gewesen, sodass es keine Anhaltspunkte für eine Rückübertragung gegeben habe. Vorwürfe in den Medien, dass der Bezirk eher darauf hätte stoßen müssen, weist sie zurück. Die Restitutionsansprüche seien von Mitarbeitern der Grundstücksverwaltung erst bemerkt worden, als sie wegen eines anderen ungeklärten Immobilienfalls recherchierten.

Jürgen Roth von der Jewish Claims Conference – eine Organisation, über die jüdische Opfer des Nationalsozialismus ihre Entschädigungsansprüche geltend machen – wundert sich über die Ahnungslosigkeit beim Bezirk: »Die Forderung der Erben besteht bereits seit einigen Jahren.« Möglicherweise habe es Überschneidungen in der Zuständigkeit zwischen Landesamt und Bundesamt für offene Vermögensfragen gegeben, spekuliert er, bleibt jedoch gelassen: Es habe bereits Gespräche mit dem Bezirk gegeben, und er sei zuversichtlich, dass es eine Lösung geben wird, mit der alle zufrieden sind.

Auch Christine Keil hofft auf eine baldige Einigung, damit weiter gebaut werden kann. Dass der Bezirk das Gebäude verliert, kann sie sich nicht vorstellen. Vier Millionen Euro flossen bislang in den Ausbau. Ebenso wenig geht sie davon aus, dass der Prater-Biergarten schließen muss. Das Gelände gehörte einst der Schultheiss-Brauerei wurde bereits seit 1837 als Biergarten und Varieté-Theater genutzt.

Restitutionsansprüche jüdischer Erben tauchen immer wieder auch unvermittelt auf. Der Einigungsvertrag von 1990 stellt eine Rückübertragung vor eine Entschädigung. »Eigentlich dachte man, dass binnen zehn Jahre alle Fälle geprüft sind«, meint Keil. Doch komme es immer wieder zu folgenschweren Komplikationen.

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