Welche Prestigeobjekte weiterbauen?

Das Geld für neue Eisenbahnstrecken reicht hinten und vorn nicht aus

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei der Bahn fehlt das Geld. Hunderte Bauvorhaben sind geplant, viele lassen sich aber nicht finanzieren. Auch bereits begonnene Projekte könnten dem Rotstift zum Opfer fallen.

Schon immer war die Liste des Bundesverkehrsministeriums mit den Bauvorhaben des »vordringlichen Bedarfs«, das jeweilige Bundesverkehrswegeprogramm, mehr Wunschvorstellung als realistische Planung. Denn nie reichte das Geld für alle darin genannten Aus- und Neubauvorhaben.

Wenn gespart werden muss, müssen auch die Vorhaben des Schienennetzes neu bewertet werden. Was entfallen oder aufgeschoben werden kann, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Aus den »Abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarungen laufender Bedarfsplanvorhaben« des Bundesministeriums ist nun ersichtlich, dass keines der dringenden Vorhaben beginnen kann.

Zu ihnen gehört beispielsweise der Rhein-Ruhr-Express, das sind Anlagen, die den Berufsverkehr verbessern sollen. Auch Frankfurt am Main – Mannheim wird nicht als Hochgeschwindigkeitsstrecke ausgebaut. Der Engpass zwischen Karlsruhe und Basel bleibt ebenfalls und auch auf zusätzliche Gleise zwischen München, Mühldorf und Freilassing kann weiter nur gehofft werden.

Bis 2020 sind nach dem Plan elf Milliarden Euro für neue oder bessere Schienenwege vorgesehen, davon aber bereits acht Milliarden Euro ausgegeben. 900 Millionen Euro werden durch die Verteuerung des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 hinzukommen. Die übrigen 2,1 Milliarden Euro werden wohl in der üblichen Erhöhung der Baukosten untergehen.

Die knappen Mittel verzögern auch begonnene Bauvorhaben und reizen vorschnell dazu, das Schlagwort Prestigevorhaben zu gebrauchen. Stattdessen sollten, so wird verlangt, andere Bauobjekte finanziert werden. Dass der künftige Tunnelbahnhof in Stuttgart ein Prestigevorhaben ist, bestreiten einige Politiker und der Bahnvorstand. Doch so nachteilig, wie von ihnen dargestellt, ist der derzeitige oberirdische Kopfbahnhof nicht. Man hat nur zu lange versäumt, ihn zu modernisieren.

Das andere häufig genannte Prestigeobjekt ist die ICE-Trasse durch den Thüringer Wald. Hauptkritik: Die Hochgeschwindigkeitsstrecke erlaube allenfalls nachts den Güterzugverkehr. Die Linksfraktion im Thüringer Landtag fühlte sich durch ein Gutachten des Umweltbundesamtes ermutigt, einen Baustopp und die Prüfung von Alternativen zu verlangen. Tatsache ist: Wird die Strecke Halle/Leipzig – Erfurt – Nürnberg in Betrieb genommen, profitieren hauptsächlich jene Reisende, die von Berlin, Halle, Leipzig und Erfurt nach Nürnberg oder München fahren. Denn die jetzigen Fahrzeiten von sechs und mehr Stunden sind kein Anreiz, die Bahn zu benutzen. Für Anliegerstädte wie Naumburg, Ilmenau oder Saalfeld war die Hochgeschwindigkeitsstrecke nie gedacht, sie kritisieren sie am heftigsten.

Für den Fernverkehr sind die Verbindungen an der Saale und über den Frankenwald oder über Plauen und Hof, wie sie jetzt bestehen, aber keine Alternativen. Der eigentliche Skandal an der ICE-Strecke ist deshalb der ständig aufgeschobene Fertigstellungstermin, der inzwischen im Jahr 2017 liegen soll. Jetzt finanziert die EU das Projekt mit, und auch der Fahrgastverband Pro Bahn ist gegen einen Baustopp, der hunderte Brücken und Tunnel als Investruinen hinterlassen würde.

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