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Mieterin muss aus dem Haus ausziehen

Eigenbedarf

  • Lesedauer: 2 Min.
Seit 1978 wohnte eine Mieterin mit ihrer Mutter in einem Einfamilienhaus in München. Als das Haus verkauft wurde, meldete die neue Eigentümerin plötzlich Eigenbedarf an.

Begründung: Sie benötige das Haus für sich und ihre beiden Kinder. Derzeit wohne sie zur Miete und habe zudem für ihre berufliche Tätigkeit ein separates Büro angemietet. Das koste monatlich fast 2600 Euro. In dem vermieteten Wohnhaus könne sie günstiger leben, und endlich Wohnen und Arbeiten unter einem Dach vereinen und auch ihre Kinder persönlich betreuen.

Die Mieterin weigerte sich auszuziehen, weil sie annahm, dass die Eigenbedarfskündigung unwirksam sei. Das Oberlandesgericht gab ihr Recht und wies die Räumungsklage mit der Begründung ab, die Vermieterin habe ihre Bedarfssituation übertrieben dramatisch dargelegt und damit den falschen Eindruck erweckt, sie sei auf das vermietete Wohnhaus besonders angewiesen. Die Eigentümerin blieb aber hartnäckig, so kam der Fall vor den Bundesgerichtshof. Dieser hob das Urteil auf. Die Bundesrichter erklärten, für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen Eigenbedarfs sei das Dramatisieren der Bedarfssituation des Eigentümers ohne Belang. In dem Kündigungsschreibens seien die Personen angegeben, für welche das Haus mit der Wohnung benötigt werde. Außerdem sei dargelegt worden, warum die Eigentümerin Interesse an dem Wohnhaus habe. Das genüge vollauf.

Nur, wenn tatsächlich kein Eigenbedarf bestehe und die Begründung dafür erfunden sei, ist eine Eigenbedarfskündigung unwirksam (BGH-Urteil vom 17. März 2010, Az. V III ZR 70/09).

Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass Mieter von Einfamilienhäusern und von Eigentumswohnungen, die von einer einzelnen Person vermietet werden, von solchen Kündigungen besonders betroffen sein können. Großvermieter könnten kaum aus diesem Grund kündigen, denn es geht bei den Eigenbedarfskündigungen immer um den Bedarf der Person des Vermieters, sowie seiner Familien- bzw. Haushaltsangehörigen.

Wer eine andere Wohnung sucht, sollte sich besser zuvor immer sachkundig machen, wie die Eigentumsverhältnisse sind. Kauft ein Kapitalanleger eine Wohnung, in der ein Mieter wohnt, und der nunmehrige Eigentümer will selbst in die Wohnung einziehen, muss er zwar nach Bundesrecht drei Jahre warten, bis er Eigenbedarf geltend machen kann. Aber diese Zeit geht schnell vorüber. In manchen Bundesländern wurde diese Sperrfrist verlängert. Es gibt zwar einige Härtegründe gegen Kündigungen (§ 574 BGB), aber darauf sollte man sich nicht allzu sehr verlassen.

Literatur: »Das Mieterlexikon« des Deutschen Mieterbundes, Ausgabe 2009/2010, Seiten 101 bis 121.

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