Neues Buch, alte Fakten

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 2 Min.

Großer Aufschrei der Deutschen Presse-Agentur: Mit Thomas Köhler habe erstmals ein hoher DDR-Sportfunktionär systematisches Kinderdoping zugegeben. Wirklich korrekt ist die gestrige Meldung anlässlich seines neuen Buches nicht, aber das sind Schlagzeilen selten. Dröseln wir es mal auf.

Mit Kindern meint die dpa Jugendliche ab 16 Jahren – also besser Minderjährige. Diese Praktiken und dass er von Doping an noch jüngeren Athleten gehört habe – was jedoch ohne sein Wissen geschehen sei – hat Köhler bereits im Frühjahr auf einer Podiumsdiskussion mir und unseren etwa 100 Zuhörern erzählt. Niemand war überrascht, und so manch einer glaubte ihm sein Unwissen nicht. Außerdem hat er schon in den 90er Jahren der Staatsanwaltschaft seine Dopingverantwortung als DTSB-Vizepräsident gestanden und wurde rechtskräftig verurteilt. Neue Erkenntnisse bringt das »erstmals«-Geschrei des Nachrichtenmultiplikators dpa kaum, nur höhere Verkaufszahlen für Köhlers Buch.

Interessant ist immer noch das, was immer noch dasselbe ist: Köhler schiebt die Schuld für Doping in der DDR auf den Willen zur Chancengleichheit mit dem ebenfalls dopenden Klassenfeind. Den Willen hatten zuerst die Funktionäre, dann die Sportler. Denen musste man kein Doping anbieten, wenn man es nicht wollte. Doch auch Köhler wollte und rühmt zudem weiterhin die ärztliche Kontrolle, die dazu beigetragen hätte, dass es zu keinen Todesfällen oder schweren gesundheitlichen Zwischenfällen gekommen sei wie im Westen. Herz- und Leberschäden, Vermännlichung und Unfruchtbarkeit sind schwere Erkrankungen. Egal, wie toll die Kontrolle sein mag.

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