Indiens Prestige steht auf dem Spiel

Im Vorfeld der Sonntag beginnenden XIX. Commonwealth Games hat es zahlreiche Pannen gegeben

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.

Delhi fiebert dem größten Sportereignis in der Geschichte Indiens entgegen: Am Sonntag werden die XIX. Commonwealth Games eröffnet. Sie dauern bis zum 14. Oktober. Über 7000 Athleten aus 71 Ländern des ehemaligen britischen Kolonialreiches nehmen an den Sportspielen teil. Die Inder gaben sich selbstsicher, diese Mammutveranstaltung perfekt organisieren zu können. Immerhin hatten sie 1982 die Asienspiele in Delhi zu einem großartigen Erlebnis für alle Teilnehmer werden lassen.

Jetzt mit den Commonwealth Games bietet sich die Chance, aller Welt zu demonstrieren, auf welchem Entwicklungsstand sich die Regionalmacht mit Ambitionen, eine Supermacht zu werden, heute befindet. Suresh Kalmadi, der Organisationschef, erklärte vollmundig, diese Spiele würden noch besser werden als Olympia in Peking 2008. Alle Wettkampfstätten seien Weltklasse.

Im Vorfeld aber passierte eine Panne nach der anderen. 2003 hatte Indien die Spiele zugesprochen bekommen. Mit dem Bau beziehungsweise der Renovierung der 13 Stadien und Wettkampfarenen begann man aber erst 2007. Mahnung und Kritik der Föderation der Commonwealth-Spiele, die ihren Hauptsitz in London hat, schlug man lange als »westliche Überheblichkeit« in den Wind. Nun, wenige Tage vor der Eröffnungsveranstaltung, klemmt es immer noch an allen Ecken und Enden.

Besonders viel Kritik hagelte es am Zustand des Athletendorfes, das in der Nähe des gegenwärtig Hochwasser führenden Jamuna-Flusses entstand. 400 Räume waren am Dienstag noch unbewohnbar. In den Erdgeschossen etlicher Wohntürme und in den Liftschächten stand Wasser. Das Mauerwerk ist undicht. Balkonfenster waren zerbrochen, Duschen und Toiletten verschmutzt. Auf Bettbezügen sah man Abdrücke von Hundepfoten. Zusatzpersonal bemüht sich, Schlangen und Affen zu vertreiben. 4000 Arbeiter sind rund um die Uhr im Einsatz, Bauschutt und Verpackungsmüll zu beseitigen. Der Einzug ins Dorf verzögerte sich deshalb um mehrere Tage. Viele Teams mussten zunächst in Hotels Quartier beziehen. Einige Länder drohten mit Boykott, andere forderten, die Games zu verschieben oder in ein anderes Land zu verlegen.

Hiobsbotschaften auch aus den Stadien: Von der Gewichtheberhalle fiel eine falsche Decke. Eine Fußgängerbrücke zum Nehru-Stadion stürzte vorige Woche ein. »Es ist schockierend, dass bis jetzt nicht alle Arbeiten abgeschlossen sind. Wir müssen zugeben, dass wir schlecht gearbeitet haben«, klagte der ehemalige Spitzenathlet über 400 Meter, Milkha Singh.

Die Australier und eine Reihe anderer Teams äußerten Sicherheitsbedenken. Innenminister Chidambaram inspizierte persönlich die Anlagen. Der Polizeichef Delhis versicherte, nach der Übernahme der Stadien würden rund 100 000 Ordnungshüter alles im Griff haben. Sportminister Gill verkündete, es werde »nicht 100, sondern 120 Prozent Sicherheit geben«.

Ein Kapitel für sich ist die Finanzierung der Spiele. Veranschlagt waren drei Milliarden US-Dollar. Diese Grenze ist längst überschritten. Die Schätzungen belaufen sich jetzt auf sieben bis zehn Milliarden Dollar. Damit wären es die bisher teuersten Commonwealth Games überhaupt.

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