Klose ungemein intuitiver Spieler

Von Peter Ducke (60), 68-facher DDR-Nationalspieler, WM-Teilnehmer 1974

  • Lesedauer: 2 Min.
Selbst die kühnsten Optimisten haben einen so hohen Auftaktsieg der deutschen Elf nicht vorausgesagt. Ich tippe generell nicht, bin deshalb am Sonnabend als Gast bei »ND live« der Frage nach dem Spielausgang ausgewichen - und irrte mich auch prompt bei meiner Voraussage, dass am Ende ein deutscher Sieg mit Hängen und Würgen herausspringen würde. Ein erfreulicher Irrtum. Das Spiel gegen Saudi-Arabien bestätigte mich aber in einem: Miroslav Klose ist in meinen Augen ein Stürmer, der schon viel früher in die deutsche Auswahl hätte geholt werden müssen. Er ist ein aggressiver Mann, einer, der ungemein stark in Zweikämpfen ist, ein ebenso intelligenter wie besonders intuitiver Spieler. Er taucht immer dort auf, wo es brenzlig und torgefährlich ist, er wittert, wohin in diesem Augenblick der Ball gespielt wird. In manchem erinnert er durchaus an den »Bomber« Gerd Müller. Elf Tore in 13 Länderspielen - auch damit rückt er in die Nähe des Münchners. Übrigens haben mich bei »ND live« nach dem Spiel einige Gäste angesprochen und gemeint, ich sei einst auch so ein Stürmer-Typ gewesen wie Klose. Ich gestehe: Das ging runter wie Öl und freute mich auch insofern, nach so vielen Jahren immer noch nicht vergessen zu sein. Am deutschen Spiel hat mir gefallen, wie kompakt die Mannschaft zu Werke ging. Engagiert, bissig, zweikampfstark, mit sicheren Kombinationen. Auch eine kluge Spielweise gegen die kleinen Saudis mit Flanke von außen zum Torerfolg zu kommen. Diese kompakte Spielweise hat auch dazu geführt, dass der insgesamt enttäuschende und wenig Gegenwehr bietende Gegner sich in keiner Weise entfalten konnten. Will sagen: Nicht der Gegner war so schwach, sondern das deutsche Spiel war so stark und machte den Gegner schwach. Der tat ein Übriges, in dem er sein Spiel über viel zu viele Stationen aufzog und somit die deutsche Abwehr sozusagen geruhsam in Position brachte. Insofern konnte es auch keinen Fingerzeig über mögliche Schwachpunkte im DFB-Team geben. Dass nach der klaren Führung auch in der zweiten Halbzeit kein Halten aufs Ergebnis praktiziert und kein Langweiler geboten wurde, spricht für die gesunde Einstellung der Elf auf dieses Auftaktmatch. Was mich allerdings maßlos auf die Palme gebracht hat, waren Schlagzeilen in der Boulevard-Presse vor dem Spiel. Da wurde die »deutsche Überlegenheit« hoch gejubelt mit dicken Schlagzeilen wie »Rudi schick die Saudis in die Wüste«. Das ist blanker Nationalismus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass im deutschen WM-Team auch nur einer so etwas gut heißt.
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