Milliarden im Hinterzimmer

Glücksspiel ist in Zeiten des Internet nur sehr schwer zu kontrollieren

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Sollen private Sportwetten zugelassen werden? Oder ist es besser, auch die jetzt freien Spielautomaten in ein Monopol einzubeziehen? Was würde das jeweils für die Milliardeneinnahmen bedeuten, die die Öffentliche Hand aus dem Glücksspiel bezieht? Die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen – nicht mal in der Linkspartei.

Heute muss niemand mehr diskret dem Barkeeper winken, der an verbotenem Glückspiel teilnehmen möchte. Ein paar Mausklicks reichen. Zum Beispiel beim Online-Pokern: In Deutschland legal ist »pokerstars.de«. Dort wird um Spielgeld gezockt. Doch wer statt »de« einfach »com« eingibt, gelangt zum Echtgeld-Bereich.

Dass das Glücksspiel kaum zu kontrollieren sei, meint auch Wolfgang Kubicki. Sein Argument trug der Kieler FDP-Fraktionschef sogar schon im Landtag auf dem Hemd: »Black Money«, Schwarzgeld. Die Milliarden, die der Staat einnehmen könnte, wenn er das Monopol liberalisierte. Pünktlich zu den vorentscheidenden Beratungen, die die Ministerpräsidenten ab morgen auf ihrer Jahrestagung führen werden, werden nun wilde Summen ins Spiel gebracht: Bis 2015 werde sich der Lotto-Spieleinsatz »nahezu halbieren«, wenn das Monopol in Kraft bleibe. Werde es aber liberalisiert, werde der Spieleinsatz auf über 10 Milliarden anwachsen, so die Beraterfirma »Goldmedia«.

Grundsätzliches ist zu beantworten: Soll sich ein Glücksspielmonopol weiterhin auf Prävention berufen? Dann dürfte nach dem Urteil des EuGH vom September kaum noch Werbung für das Lotto gemacht werden. Oder soll man, wie die Kieler Regierung fordert, ähnlich wie Dänemark auf diese Begründung verzichten? Dann dürfte fürs Lotto geworben werden – allerdings wären Einschränkungen wie das Verbot privater Sportwetten schwer zu halten.

Bisher zeichnet sich wenig Einigkeit ab. Die Fraktionschefs der SPD haben sich vor einem Monat in Bremen darauf verständigt, die jetzige Regelung soweit möglich zu verteidigen. Besonders aus Kiel, aber auch aus München sind dagegen Vorstöße für eine Zulassung privater Sportwetten gekommen. Solche Positionen findet man sogar in der Linkspartei (siehe Interview links).

Ist es aber wirklich so einfach: Einnahmen kontra Gewissen? Für Linkspolitiker Christian Görke, MdL in Potsdam, stellt sich diese Alternative nicht. In Potsdam steht seine Partei nicht nur dafür ein, das Monopol aufrechtzuerhalten. SPD und LINKE wollen dort das Monopol ausweiten – auch auf die bisher nicht als Glücksspiel geltenden und unter Gewerberecht fallenden Kneipen- und Spielhallenautomaten. Damit ließen sich nicht zuletzt weitere Einnahmen erzielen, die zu erwartende Rückgänge aus einem werbereduzierten Lotto auffangen könnten: »In Griechenland wird gerade ein breites Glücksspielmonopol entworfen, bei zehn Millionen Einwohnern rechnet man mit vier Milliarden«, sagt Görke: »Rechnen Sie das mal auf 80 Millionen hoch.«

Noch habe sich die Partei keine abschließende Meinung gebildet, sagt Peter Erlanson, Fraktionschef der LINKEN in Bremen und derzeit Vorsitzender der Fraktionsvorsitzendenkonferenz. Das soll nun nachgeholt werden, wenn sich die Fraktionschefs ab Donnerstag in Straßburg treffen. Bis kommendes Frühjahr haben sie Zeit, dann steht die Entscheidung an.

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