Kaum Elan beim Kampf gegen Korruption

Aktueller Index von Transparency International offenbart deutsche Defizite

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei der Korruptionsbekämpfung lässt die Bundesregierung den nötigen Eifer vermissen. Und so landet Deutschland im aktuellen Korruptionsindex von Transparency International nur auf dem 15. Platz. Sogar Hongkong schneidet besser ab.
Eine Hand schmiert die andere.
Eine Hand schmiert die andere.

Deutschland fällt beim Kampf gegen die Korruption zurück. Belegte die Bundesrepublik im vergangenen Jahr noch Platz 14 im Korruptionsindex, so muss sich die BRD in diesem Jahr den 15. Platz mit Österreich teilen. Ganz vorn bei der Korruptionsbekämpfung sind laut Index Dänemark, Neuseeland und Singapur. Schlusslicht auf Platz 178 ist das vom Bürgerkrieg zerrüttete Somalia.

Der »Korruptionswahrnehmungsindex«, wie er offiziell heißt, wird alljährlich erstellt. Dafür befragt die Organisation Transparency International einen Kreis von Länderexperten und Managern über das wahrgenommene Ausmaß von Bestechung.

Transparency-Chefin Edda Müller nahm die Veröffentlichung des Index 2010 am Dienstag zum Anlass, um darauf hinzuweisen, dass Deutschland im Vergleich mit anderen europäischen Industrieländern eine »eher mittelmäßige Position« einnehme. Zwar lasse sich ein Trend zur Zu- oder Abnahme von Korruption statistisch nicht abbilden, so Müller. Aber zumindest das Bundeskriminalamt (BKA) geht von einer hohen Dunkelziffer aus.

Dass Deutschland in Sachen Korruptionsbekämpfung nicht zur Spitzengruppe gehört und sogar noch hinter Hongkong landet, hat mehrere Ursachen. Zum einen weigert sich die Bundesregierung beharrlich, die UN-Konvention gegen Korruption ratifizieren zu lassen. Dabei haben mittlerweile bereits 140 Staaten die 2005 in Kraft getretene Konvention in nationales Recht umgesetzt. Hierzulande scheut sich vor allem die Union, den Paragrafen 108e des Strafgesetzbuches dementsprechend zu ändern. Offenbar fürchtet man um die eigenen Mandatsträger. Denn die UN-Konvention legt die Bestechung viel strenger aus als das deutsche Gesetz. Dabei besteht durchaus Handlungsbedarf, wie ein Blick in den Bundeslagebericht 2009 des BKA beweist. Allein im vergangenen Jahr zählte das Bundeskriminalamt sechs Straftaten zur Abgeordnetenbestechung – alle auf kommunaler Ebene.

Neben der fehlenden Umsetzung der UN-Konvention bemängelt Transparency vor allem die nebulösen Regeln für Parteispenden und Sponsoring. Dabei besteht dringender Handlungsbedarf, wie die Fälle von Parteitags-Sponsoring in Nordrhein-Westfalen und Sachsen im Frühjahr gezeigt haben. So hatte die NRW-CDU Unternehmern vertrauliche Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) auf dem Landesparteitag angeboten: Kostenpunkt 6000 Euro. So richtig illegal war diese Praxis nicht. Denn es fehlt an Maßstäben »für die Beurteilung von Parteisponsoring im Parteiengesetz«, wie Transparency-Vorstand Jochen Bäumel erläuterte.

Deshalb fordert seine Organisation nun klare Regelungen. Dazu gehöre die Begrenzung von Parteispenden und Sponsoring auf 50 000 Euro pro Jahr und Konzern, so Bäumel. Ab einer Summe von 10 000 Euro müsste die Spende oder das Sponsoring umgehend bekannt gemacht werden und nicht erst im Jahresbericht der Partei, wo sich solche Summen gut verstecken lassen. Zudem sollte das Sponsoring nicht mehr unbegrenzt von der Steuer absetzbar sein. Auch bei der Überwachung der Parteifinanzen sieht Transparency Reformbedarf. Derzeit obliegt die Kontrolle dem Bundestagspräsidenten. Das hat zur Folge, dass dieser im Ernstfall gegen seine eigene Partei ermitteln müsste. Der derzeitige Präsident Norbert Lammert (CDU) hätte sogar gegen sich selbst ermitteln müssen, nachdem im Mai 2010 Vorwürfe laut geworden waren, eine angeblich unabhängige Wählerinitiative habe Lammert mit Geld aus der CDU-Parteikasse unterstützt.

Um solchen Interessenkonflikten vorzubeugen, fordert Transparency einen unabhängigen »Beauftragten für Politikfinanzierung und Transparenz«. Auch Linkspartei und Grüne haben das Problem erkannt. Ihre Anträge zum Thema wurden an den Bundestags-Innenausschuss überwiesen. Dort gab es im Juni eine öffentliche Anhörung. Seitdem wird das Thema »ausgesessen«, wie Bäumel resümierte.

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