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Vergleichsrente nur bei Sonder- oder Zusatzversorgung
DDR-Recht durch BRD-Recht abgelöst
Zunächst ist grundsätzlich zu sagen, dass diese Vergleichsrente nur dann berechnet wird, wenn
- in der DDR ein Anspruch auf eine Zusatz- oder Sonderversorgung bestanden hat und
- wenn diese Versorgung am 31. Dezember 1991 bereits bestand, also bereits Rente bezogen wurde.
Zur Anfrage von Herrn Günter C. aus Ludwigsfelde, der keinen Anspruch auf eine Zusatz- oder Sonderversorgung hatte, ist ausgehend davon zu sagen, dass für ihn die Bestimmung des § 307b SGB VI gar nicht gilt. Seine Rente wird nicht nach dem AAÜG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des Rentenrechts berechnet (§ 256a SGB VI).
Danach ergeben sich seine Entgeltpunkte aus den Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung der DDR (600 Mark) sowie aus den Entgelten, für die er FZR-Beiträge gezahlt hat. Allerdings werden hier FZR-Beiträge nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (West) anerkannt.
Ich stimme Herrn C. zu, wenn er kritisiert, dass seine FZR-Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht anerkannt werden. Er empfindet das als ungerecht und betont, dass seine freiwillig gezahlten Beiträge nicht begrenzt werden dürften. Die meisten Versicherten sehen das auch so, und viele haben deshalb gegen ihre Rentenbescheide Widerspruch eingelegt oder geklagt.
Alle diese Klagen sind jedoch gescheitert, und auch das Bundesverfassungsgericht hat diese sogenannte Systementscheidung als verfassungsgemäß bestätigt.
Das Bundesverfassungsgericht ging davon aus, dass das DDR-Renten- und Versorgungsrecht am 1. Januar 1992 durch das BRD-Recht abgelöst wurde und seitdem keine Bedeutung mehr hat. DDR-Recht wurde für eine kurze Übergangszeit nur dann noch angewendet, wenn es günstiger war als das neue BRD-Recht (Bestandsschutz für rentennahe Jahrgänge). Die BRD sei nicht verpflichtet gewesen - so die Karlsruher Richter - das DDR-Recht fortzuführen und die Rechte zu gewähren, die von der DDR zugesagt worden waren.
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Systementscheid gilt für alle
Diese Systementscheidung - also die Beseitigung des DDR-Rechts und sein Ersatz durch BRD-Recht - betrifft alle Rentnerinnen und Rentner im Osten. Es gilt für FZR-Rentner genau so wie für Rentner mit Zusatz- oder Sonderversorgung.
Die Systementscheidung hat zur Folge, dass alle Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze unberücksichtigt bleiben, egal ob es sich um Angehörige einer Zusatzversorgung oder um »einfache« FZR-Rentner handelt. Leider muss ich sagen, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts juristisch keine Chancen mehr auf eine Korrektur dieser Entscheidung bestehen.
Ungleichbehandlung von Gericht kritisiert
Einige Leser (z.B Herr Alfred L. aus Gelenau, Herr Heinrich U. aus Naundorf oder Prof. Dr. Erich H. aus Chemnitz) sind in ihren Zuschriften davon ausgegangen, dass alle Rentnerinnen und Rentner Anspruch auf eine Vergleichsrente haben. Das ist nicht richtig.
Eine Vergleichsrente auf der Grundlage der Entgelte der letzten 20 Jahre vor Rentenbeginn erhalten nur Bestandsrentner, also diejenigen Versicherten, die bereits am 31. Dezember 1991 eine nach den DDR-Vorschriften berechnete Versorgung hatten. Für sie hatte § 307b SGB VI alte Fassung festgelegt, dass die DDR-Rente neu zu berechnen ist und zwar nach den ab 1. Januar 1992 geltenden allgemeinen Bestimmungen des SGB VI.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung aus folgenden Gründen für verfassungswidrig erklärt: Während die Neuberechnung der Bestandsrenten für Zusatz- und Sonderversorgte nach allgemeinem BRD-Recht ausgehend vom gesamten Versicherungsleben erfolgte, wurde bei Bestandsrentnerinnen und -rentnern ohne Zusatz- oder Sonderversorgung keine Neuberechnung, sondern eine Umwertung nach einem pauschalen Verfahren vorgenommen. Hier ergaben sich die Entgeltpunkte aus der Anzahl der Arbeitsjahre und dem Verdienst der letzten 20 Jahre.
Das Bundesverfassungsgericht sah hierin eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und Benachteiligung der Rentner mit Zusatz- und Sonderversorgung, weil in der Regel der durchschnittliche Verdienst der letzten 20 Jahre höher ist als der Durchschnittsverdienst des ganzen Arbeitslebens. Die Vergleichsrente wird für Bestandsrentnerinnen und -rentner jetzt zusätzlich zur bisherigen SGB-VI-Rente ermittelt; die höhere Rente wird gezahlt.
In Anlehnung an die pauschale Umwertung für SV-Rentner sieht die Vorschrift vor, vom tatsächlichen Entgelt der letzten 20 Jahre auszugehen, allerdings werden für die Zeit vor dem 1. März 1971 monatlich höchstens 600 Mark berücksichtigt. Es wird damit eine Gleichbehandlung mit SV-Rentnern vorgenommen, die zur gleichen Zeit nur Beiträge zur Pflichtversicherung (600M) zahlen konnten, weil die FZR erst am 1. März 1971 eingeführt wurde.
Widerspruch oder Klage
Wie fast jede Stichtagsregelung ist auch diese Vorschrift über die Vergleichsrente nicht ganz unproblematisch. Nach der neuen Regelung des 2.AAÜG-Änderungsgesetzes gibt es für Bestandsrentner jetzt zwar eine Gleichbehandlung von SV-Rentnern und Zusatzversorgten, aber andererseits werden zusatzversorgte Bestandsrentner anders behandelt als ihre Kollegen mit Zusatzversorgung, die erst nach dem 31. Dezember 1991 Rentner wurden.
Für Letztgenannte gibt es nur die SGB-VI-Rente (Entgeltpunkte nach dem gesamten Versicherungsleben), ein Anspruch auf eine Vergleichsrente (Entgeltpunke nach den Verdienst der letzten 20 Jahre) besteht nicht.
Wenn Herr G. und Herr Z. aus Auerbach in ihren Zuschriften darüber berichten, dass bei ihren Vergleichsrenten nur die Entgelte bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wurden, so widerspricht das eindeutig dem geltenden Recht. Es wird inzwischen auch von der BfA anerkannt, dass für die Zeit nach dem 28. Februar 1971 der Berechnung das tatsächliche Entgelt zu Grunde zu legen ist. Ihr Widerspruch war also berechtigt und ist auch nach dem ablehnenden Widerspruchsbescheid noch immer berechtigt. Sofern sie keine Klage erhoben haben, sollten sie eine erneute Überprüfung verlangen.
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