Ehrung

Kurt Maetzig

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 2 Min.

Einen Preis zu vergeben, bedeutet in der Regel, die Person, die ihn bekommt, zu ehren. Aber es gibt auch Ausnahmen, und da sind die Rollen quasi umgekehrt verteilt. Nämlich wenn der Preisverleiher im Wortsinne sagen kann: Ich gebe mir die Ehre, die Auszeichnung zu vergeben. Der Fall scheint jetzt eingetreten zu sein. Die Würdigung »Für Verdienste um die deutsche Filmkunst« der DEFA-Stiftung erhält in diesem Jahr Kurt Maetzig.

Alle, die sich auch nur ein bisschen in der Filmgeschichte auskennen, sprechen den Namen mit Hochachtung aus. Der Regisseur gehört zu den bedeutendsten Vertretern der ersten Regie-Generation des Filmlandes DDR und ist einer der Gründerväter der DEFA. Nicht zu vergessen: der spiritus rector der legendären Wochenschau und Erfinder ihres Konzepts und seines entsprechenden Mottos: »Sie sehen selbst – Sie hören selbst – urteilen Sie selbst«. Er hat Filme geschaffen – schon damals Signalzeichen – die aktuell sind bis heute und wie sie nicht besser in die gerade tosende Wellen schlagende Debatte um die Verbrechen der Nazi-Zeit und ihre Protagonisten in der deutschen Nachkriegszeit passen können.

Dazu zählt zum Beispiel – der erfolgreichste Film seiner Zeit – »Ehe im Schatten« (1947) über das Schicksal des Schauspielers Joachim Gottschalk und seiner jüdischen Frau, der er den sicheren Tod in einem KZ erspart. Und ebenso direkt »Der Rat der Götter« (1949), ein Lehrstück übers großbürgerliche Hintermännertum der faschistischen Barbarei. In Kurt Maetzigs Leben, das ein Jahrhundert durchmisst – eine Zeitspanne voller gesellschaftlicher Umbrüche, Kämpfe und Leiden, Hoffnungen und Enttäuschungen, klarer Fronten und Undurchschaubarkeiten –, gibt es eine Grundströmung, tiefen Gefühls und geprüften Gewissens nach: der Antifaschismus. Wie hat er aus dieser Verantwortung heraus die Möglichkeiten der neuen Gesellschaftsordnung in der DDR aufblühen sehen und mitzugestalten gestrebt. Ob es die Filme waren, die der Doktor der technischen Wissenschaften – 1935 erwarb er den Titel – drehte, ob mit seiner Lehre als erster Rektor der Filmhochschule der DDR, ob bis heute als Akademiemitglied, Schreibender und Vortragsreisender.

Mit Maetzigs Namen verbunden sind die Thälmann-Filme (1953-1955), monumentale Auftragswerke voller Pathos – das allerdings höchstamtlicher Einrede geschuldet war. Und immer wieder auch experimentierfreudiger Vorreiter in der Filmkunst, schuf er mit »Der schweigende Stern« (1959) den ersten Science-Fiction-Film der DEFA. Filmgeschichte auf ganz andere Weise schrieb »Das Kaninchen bin ich« (1965), der vom 11. ZK-Plenum verboten wurde und für 25 Jahre im Tresor verschwand.

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