Geige zur Miete

Instrumente vom Wernigeröder Baumeister Vorbrodt sind gefragt

  • Sabrina Gorges, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Mit acht Jahren spielt er zum ersten Mal auf einer Geige. Jahre später weiß Matthias Vorbrodt, dass er den Geigenbau zum Beruf machen wird. Er wird ein Meister seines Fachs.

Wernigerode. Auf der Werkbank vor Matthias Vorbrodt stehen kleine und große Geigen. Sie müssen noch mit neuen Stegen und Saiten ausgestattet und gestimmt werden. Die Instrumente sollen vermietet werden, erzählt der 42-Jährige. »Aber ich passe sie erst noch meinen Anforderungen an.« Und die sind speziell, denn Vorbrodt ist einer der wenigen Geigenbaumeister in Sachsen-Anhalt. In seinem Haus in Wernigerode hat er seine Werkstatt eingerichtet.

Erste Erfahrungen mit dem Streichinstrument machte der dreifache Familienvater schon mit acht Jahren. Er lernte, auf der Geige zu spielen. Bald weckte auch der Aufbau des Instruments sein Interesse. »Geigenbau faszinierte mich. Und weil es im Harz niemanden dafür gab, stand mein Berufswunsch fest.«

Gelernt im Vogtland

Doch bevor er den Geigenbau in Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge etablieren konnte, musste er es verlassen. Vorbrodt lernte von 1985 bis 1987 in Markneukirchen im Vogtland, das für den Instrumentenbau bekannt ist. »Nach der Ausbildung habe ich noch ein Jahr dort gearbeitet«, sagt der Experte. Dort, im Zentrum des deutschen Orchesterinstrumentenbaus, befand sich eine Fachschule im Aufbau – ein Glücksumstand für den ehrgeizigen Geigenliebhaber. »Ich wollte mehr über den Instrumentenbau wissen.« Vorbrodt war einer der Ersten, der sich für den Studiengang Kunsthandwerklicher Musikinstrumentenbau eingeschrieben hat. »Vier Jahre habe ich studiert und so die Wendezeit überstanden«, sagt er. Für zweieinhalb Jahre wurde der Markneukirchener Geigenbaumeister Ekkard Seidl sein Lehrmeister. »Ich wollte vor meiner Rückkehr in den Harz Erfahrungen sammeln«, sagt der 42-Jährige, der sein erstes Geld als Aushilfsgeiger beim Philharmonischen Kammerorchester Wernigerode verdiente.

Im Sommer 1995 eröffnete er seine Werkstatt in der Harz. »Ich habe bei Null angefangen«, sagte Vorbrodt. Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Er gab bei Orchestern und Musikschulen seine Visitenkarte ab und knüpfte erste Kontakte zu Musikern, langsam entwickelte sich das Geschäft. Zum Repertoire des Geigenbauers gehören Neubau, Reparatur und der Zubehörhandel. Neben Geigen und Bratschen deckt er auch Kundenwünsche rund um Cello oder Kontrabass ab.

An der Kapazitätsgrenze

Heute ist die Werkstatt von Vorbrodt auch ein stark nachgefragtes Vermietungsbüro. »Ich habe schnell gemerkt, dass da eine Marktlücke ist und es einen großen Bedarf gibt.« 200 Instrumente, hauptsächlich Geigen und Bratschen, hat er in seinem Sortiment.

Musikschüler und Privatpersonen leihen sich bei Vorbrodt Instrumente. 15 Jahre nach der Werkstatteröffnung kann er Kunden in ganz Deutschland vorweisen. »Ich arbeite fast an der Grenze meiner Kapazität«, sagt er, als er eine nur 35 Zentimeter kleine Kindergeige auf Lackschäden untersucht. Auf sie wartet bald schon eine kleine Musikschülerin.

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