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»Leiharbeit – ein Krebsgeschwür«

IG Metall Baden-Württemberg bewertet Herbstaktionen

  • Barbara Martin, Stuttgart
  • Lesedauer: 3 Min.
Die IG Metall in Baden-Württemberg zieht eine positive Bilanz ihrer Aktionen gegen die Sparpolitik der Bundesregierung – und kündigt weitere Proteste an, sollte sich nichts ändern.

Mehr als 130 000 Beschäftigte aus über 500 Betrieben haben in den vergangenen Wochen gegen die Sparpolitik der Bundesregierung protestiert, sagte Jörg Hofmann, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, am Mittwoch vor der Presse. Die Aktionstage, die am Samstag in einer Großdemo in Stuttgart münden, seien ein Erfolg gewesen.

In Betriebsversammlungen, an Infoständen, mittels Kantinenaktionen und Kundgebungen vor dem Werkstor hätten die Metaller informiert und protestiert. Besonders übel stoße den Kolleginnen und Kollegen die wieder wachsende Leiharbeit auf. Nachdem diese zunächst dazu gedient hätte, in der Krise Menschen problemlos zu entlassen, würde sie nun dazu dienen, den Billiglohnsektor auszuweiten und so die Tariflöhne unter Druck zu setzen, sagte Hofmann. In Baden-Württemberg habe die Leiharbeit zwischen Oktober vorigen Jahres und dem vergangenen Oktober um 56 Prozent zugenommen. Hofmann: »Leiharbeit ist wie ein Krebsgeschwür, das sich ausbreitet.« Besonders erbost den Bezirksleiter, dass die gleichen Industrien, die über einen drohenden Fachkräftemangel lamentieren, auf Leiharbeit zurückgriffen. Der dürfte sich auch durch die Ausbildungspolitik verschärfen. Binnen zwei Jahren sei in der Metall- und Elektroindustrie das Angebot an Lehrstellen um 17 Prozent gesunken und zwar in erster Linie im gewerblich-technischen Bereich.

Die Proteste in den Betrieben richteten sich auch massiv gegen die Rente mit 67. »Das betrifft viele persönlich«, so der IG-Metall-Chef von Stuttgart, Hans Baur. »Es kann sich einfach niemand vorstellen, wie das in der Praxis funktionieren soll.« Das gehe nicht nur Arbeitern so, auch die Beschäftigten in Forschung und Entwicklung könnten sich Besseres vorstellen, als so lange zu schaffen. Als Beispiel nannte er die Forschung und Entwicklung von Porsche: »Da haben wir immer viel mehr Bewerber für die Altersteilzeit als die tarifvertragliche vereinbarte Quote hergibt.« Die Leute mache zunehmend wütend, dass die einzige Antwort der Politik auf die alternde Gesellschaft die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei. Baur: »Immer mehr Menschen haben auch verstanden, dass die Kopfpauschale von Gesundheitsminister Rösler den Arbeitnehmern dramatische Kostensteigerungen bescheren wird, während die Arbeitgeber verschont bleiben.«

Im Rahmen der dezentralen Proteste wurden 135 000 Abstimmungskarten unter dem Motto »Gerechtigkeit geht anders, Frau Merkel« abgegeben. Diese Karten werden in rund 600 »Sparpaketen« mit der Aufschrift »Zurück an Absender – Annahme verweigert« am Samstag per Lastwagen nach Berlin geschickt. Hofmann rechnet mit »einer machtvollen Kundgebung« in Stuttgart: »Alleine von der IG Metall werden deutlich über 25 000 Menschen kommen.« Ungefähr genauso viele gehen zurzeit jeden Montag zur Demonstration gegen das Mega-Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Lange hatten IG Metall und das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 über die DGB-Demonstration am Samstag gestritten. Sollte ein S 21-Gegner reden oder nicht? Bezirksleiter Hofmann war stets dagegen, schließlich seien viele Mitglieder für das Bauprojekt. Nun wird voraussichtlich ein Vertreter von »GewerkschafterInnen gegen Stuttgart 21« auf der Auftaktkundgebung sprechen, zur Hauptkundgebung redet unter anderem der Bundesvorsitzende der IG Metall, Berthold Huber.

Mit der Großdemonstration am Samstag sei der Kampf gegen die unsoziale Politik nicht beendet, kündigte Hofmann an. Vor allem, wenn im Februar in Berlin das neue Gesetz zur Leiharbeit behandelt wird, werde es weitere Aktionen geben.

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