Flächenkauf treibt Preise

Bundesregierung (des-)informiert über Bodenspekulation im Osten

Ein Bericht der Bundesregierung sollte darüber aufklären, ob Acker- und Grünland im Osten zunehmend zum Spekulationsgut von Finanzinvestoren wird. Er liefert aber nur Indizien.

Die Uckermark zählt zu den strukturschwachen Regionen Brandenburgs. Fast unbemerkt hat hier ein wahrer Wirtschaftsboom eingesetzt: Fonds, Industriebetriebe und Jäger kaufen nach Einschätzung des Kreisbauernverbands massiv Land auf. Die Preise für Acker- und Grünlandflächen seien um 50 bis 80 Prozent in den vergangenen zwei Jahren gestiegen.

Bisher gibt es darüber eher punktuelle Berichte aus Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern. Ob derzeit eine gewaltige Bodenspekulationswelle über ganz Ostdeutschland hinwegrollt, wird selbst von Bauernorganisationen unterschiedlich eingeschätzt. Daher sollte die Bundesregierung mit einem Bericht an den Landwirtschaftsausschuss des Bundestags nun Licht ins Dunkel bringen. Das gelingt aber nur bedingt. Der Anteil nichtlandwirtschaftlicher Investoren am Flächenerwerb, heißt es darin, lasse sich nicht bestimmen, da dies statistisch nicht erfasst wird.

Immerhin bietet der Bericht, der ND vorliegt, klare Anhaltspunkte für einen generellen Trend. So sind die Kaufpreise landwirtschaftlicher Grundstücke in Ostdeutschland allein von 2008 auf 2009 um 19,5 Prozent gestiegen; im Westen betrug das Plus nur 4,6 Prozent. Die Kaufwerte betrugen im Osten durchschnittlich 5943 Euro pro Hektar, im Westen 17 960 Euro.

Dies legt den Schluss nahe, dass die relativ niedrigen Preise in den neuen Bundesländern Finanzinvestoren anlocken, deren große Nachfrage die Preise treibt. Agrarische Großbetriebe, Betreiber von Biogasanlagen und Fondsgesellschaften aus Industrie- und auch aus Schwellenländern sind weltweit auf der Suche nach großen Acker- und Grünlandflächen, auch da große Wertsteigerungen prognostiziert werden. Und in Ostdeutschland ist – anders als im Westen – das Angebot groß: Noch immer verkauft der bundeseigene Ackerlandprivatisierer BVVG Flächen. Außerdem laufen Pachtverträge in großer Zahl aus – den Bauern fehlt das Geld für eine Verlängerung zu deutlichen höheren Pachtpreisen. Insbesondere heimische Familienbetriebe können bei den verlangten Preisen nicht mithalten, Ökolandwirte verlieren Teile ihrer Flächen und dadurch auch den Öko-Status.

Die Bundesregierung versucht das Problem kleinzureden. Der bundeseigene Ackerlandprivatisierer BVVG biete Flächen von maximal 50 Hektar je Losgröße, was für Großinvestoren unattraktiv sei, heißt es in dem Bericht. Allerdings wird eingeräumt, dass »punktuell« Anteile an bestehenden Agrarunternehmen oder auch ganze Betriebe übernommen werden. Was die Bundesregierung begrüßt: Dies sei ein »Zeichen für die steigende Attraktivität dieses Bereichs« und fördere den Strukturwandel in der Landwirtschaft.

Das sehen die Grünen ganz anders: Cornelia Behm, Sprecherin der Bundestagsfraktion für Ländliche Entwicklung, spricht von einem Strukturwandel nach dem Motto »Bauernland in Bonzenhand«. Sie fordert die Bundesregierung auf, den Verkauf von Agrarflächen der BVVG mit sofortiger Wirkung auszusetzen und die Privatisierungsgrundsätze grundlegend zu überarbeiten. Ziel müsse es sein, den Strukturwandel zu immer größeren Betrieben zu begrenzen und arbeitsintensive Betriebe zu stärken, so Behm gegenüber ND. Zu diesen gehörten Gartenbau-, Futterbau-, Veredelungs- und Ökobetriebe.

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