Amnesty International: Friedensnobelpreis für Liu wird China langfristig verändern
Amnesty-Generalsekretärin sieht Peking moralisch unter Druck
Lüke verwies darauf, dass Liu stellvertretend für tausende politische Gefangene in China stehe. Seit der Bekanntgabe des Preises für Liu im Oktober seien mehr als 200 politische Aktivisten unter Hausarrest, inhaftiert oder an der Ausreise gehindert worden. Amnesty habe durchaus Möglichkeiten, sich für die Gefangenen einzusetzen, etwa mit Briefaktionen.
Für Liu haben sich weltweit bereits fast 100.000 Menschen eingesetzt. Amnesty hat derzeit 2,8 Millionen Unterstützer und Mitglieder. »Diese Aktionen haben zwar meist nicht kurzfristig, aber in der Regel langfristig Erfolg«, sagte Lüke. »Jede dritte Briefaktion zeigt Erfolg, sei es, dass sich die Haftbedingungen verbessern, dass es Zugang zum Anwalt gibt, aber auch ganz häufig, dass Gefangene freigelassen werden - auch in China.«
Man könne nicht sagen, »dass die Chinesen die Menschenrechte komplett ignorieren«, sagte Lüke. Die Meinungsfreiheit sei formal in der Verfassung verankert. Das Problem sei neben dem riesigen staatlichen Kontrollapparat die Willkür der Behörden. So sei dem regierungskritischen Künstler Ai Weiwei, der normalerweise oft ins Ausland reist, nun die Ausreise verweigert worden.
Kritisch äußerte sich Lüke über den Friedensnobelpreisträger vom vergangenen Jahr, US-Präsident Barack Obama: »Obama hat seine selbst gesteckten Ziele nicht erreicht und unsere Erwartungen nicht erfüllt.« Das Gefangenenlager in Guantanamo bleibe bestehen, es gebe immer noch Militärkommissionen, und die Verantwortlichen seien nicht zur Rechenschaft gezogen worden.
Amnesty fordere Gerichtsverfahren nicht nur gegen die Folterer, sondern auch gegen diejenigen, die das Foltern angeordnet haben. »Die US-Justiz muss gegen den früheren US-Präsidenten George W. Bush ermitteln, der sich brüstet, das Waterboarding, also das simulierte Ertrinken, angeordnet zu haben«, forderte Lüke.
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