Posthum begnadigt
Jim Morrison
Jim Morrison gehörte neben James Dean, Jimi Hendrix, John Lennon oder Kurt Cobain zu den meistverehrten Heroen der Jugendkultur. Nach über 40 Jahren ist der Frontmann der US-amerikanischen Band The Doors am Donnerstag von einer Begnadigungsbehörde des Bundesstaates Florida, der auch der scheidende Gouverneur Charlie Crist angehört, rehabilitiert worden.
Was war geschehen? Am 1. März 1969 hatte ein betrunkener Morrison während eines Doors-Konzertes in Miami vor 13 000 Zuhörern Obszönitäten genuschelt und gedroht, sich zu entblößen. Ob er tatsächlich mit einem Striptease begann, ist ungeklärt. Fakt ist: An ihn ergingen Haftbefehle auch wegen »unzüchtiger Entblößung«. Drei Wochen nach dem Konzert demonstrierten in Miami tausende empörte Eltern und Teenager »für die Anständigkeit«. Präsident Nixon lobte die Organisatoren der Kundgebung. Doors-Konzerte wurden abgesagt und 16 USA-Bundesstaaten verhängten über die Band einen Bann. Im Oktober 1970 verurteilte schließlich ein Gericht in Florida Morrison wegen Entblößung zu sechs Monaten Gefängnis und 500 Dollar Strafe.
Ein gerechtes Urteil? Morrison war Alkoholiker, provozierte gern sein Publikum, er konnte ein Aas sein. Andererseits trafen The Doors das Lebensgefühl einer Generation, die sich gegen den Vietnam-Krieg wandte – und Drogen nahm. Die Band hatte den Anti-Kriegs-Song »The Unknown Soldier« veröffentlicht, hatte sich gegen Präsident Nixon gewandt, und Morrison hatte sich klar für eine Revolte gegen den Staat ausgesprochen. Das FBI betrachtete die Band deshalb als potenzielle Gefahr für die staatliche Ordnung.
Doors-Fans bemängelten, dass keines der vor Gericht verwendeten 150 Fotos eine Entblößung zeigte und auch die vielen Zeugen diese nicht beweisen konnten. Morrison ging in Berufung, doch zu einer neuen Verhandlung sollte es nicht mehr kommen. Am 3. Juli 1971 starb er 27-jährig in Paris – wahrscheinlich an einer Überdosis Heroin.
Floridas liberaler Gouverneur Charlie Crist (Republikaner, zuletzt unabhängig) hatte sich seit Jahren für eine Begnadigung Morrisons eingesetzt, war er doch überzeugt, dass damals gegen den Musiker eine Ungerechtigkeit begangen worden war. Ex-Doors-Mitglied Ray Manzarek erklärte nun im Namen der vielen noch lebenden Amerikaner der Woodstock-Ära, dass »die jetzige Begnadigung eine Art Wiedergutmachung für die verfolgte USA-Gegenkultur der 1960er Jahre« sei. Eine mehr als überfällige.
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