Nur eine Satzungsfrage?

LINKE ringt um Haltung zu »parteischädigendem Verhalten«

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Die LINKE streitet weiter über »parteischädigendes Verhalten« als Satzungsthema. Die Debatte hatte auf einer Vorstandssitzung jüngst einen vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Werner Dreibus rechnet nicht mit einem baldigen Ende der Debatte. Gegenüber ND sagte der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei am Freitag, der Parteivorstand sei kein Zentralkomitee; Entscheidungen von Landesverbänden zu widerrufen, sei nicht seine Aufgabe. Die Bemerkung bezieht sich auf einen Beschluss des saarländischen Landesverbandes, der auf einem Parteitag im November den Passus »Parteischädigendes Verhalten« in seine Satzung eingefügt hatte. Parteischädigend verhält sich danach zum Beispiel, wer die Medien »dazu nutzt, die Partei DIE LINKE oder einzelne Mitglieder sowie Mandatsträgerinnen und Mandatsträger der Partei DIE LINKE zu diffamieren«. Diese Satzungsänderung hat bei einem Teil der Mitgliedschaft empörte Reaktionen ausgelöst. Das Forum Demokratischer Sozialismus spricht in einer Erklärung von einer »Satzungskeule«, mit der der Mitgliedschaft »Treue und Gefolgschaft gegenüber einer parteilichen Obrigkeit eingebleut werden soll«.

Der Geschäftsführende Vorstand hatte sich am letzten Wochenende mit dem Thema befasst. Für zusätzlichen Zündstoff sorgten dabei Äußerungen von Parteichef Klaus Ernst, der sich den saarländischen Passus auch in der Bundessatzung vorstellen konnte. Die »Tageszeitung« hatte Bundesschatzmeister Raju Sharma danach mit den Worten zitiert: »Wenn das so kommt, ist das nicht mehr meine Partei.«

Dieser Bemerkung schloss sich gegenüber ND auch die Parteivizevorsitzende Halina Wawzyniak an. In der saarländischen Satzung zeige sich ein »komplett anderes Parteienverständnis, als ich es habe«. Auch der Bundesausschuss – Organ »mit Konsultativ-, Kontroll- und Initiativfunktion gegenüber dem Parteivorstand« – hatte in einem Beschluss seine »Sorge« geäußert und den Landesvorstand gebeten, »auf die Aufhebung dieses Beschlusses hinzuwirken«.

Zu einer ähnlichen Stellungnahme des Vorstands kam es nicht; Grund dafür war offenbar auch das Fehlen einer klaren Mehrheit. Im Bericht an den erweiterten Vorstand war anschließend von »sehr unterschiedlichen Positionen« die Rede. Die Vorsitzende Gesine Lötzsch hatte Klaus widersprochen. Und Stellvertreterin Sahra Wagenknecht, die auf der Vorstandssitzung nicht anwesend war, sprach sich am Freitag ebenfalls gegen eine Übernahme in die Bundessatzung aus. »Man sollte den Umgang mit parteischädigendem Verhalten nicht über die Satzung regeln«, sagte sie dem ND. Es sei allerdings nicht Aufgabe des Parteivorstandes, Beschlüsse von Landesparteitagen in Frage zu stellen. Das Anliegen der Saarländer, Auseinandersetzungen intern und nicht diffamierend über die Medien zu führen, nannte Wagenknecht zugleich ein »Gebot des innerparteilichen Umgangs«.

Fragen des Umgangs miteinander wachsen sich damit erneut zum Problem in der Partei aus. Vizevorsitzende Katja Kipping hatte die Kritik an Ernst nach der Sitzung noch erweitert. Sie warf ihm vor, unliebsame Positionen in der Redaktionskommission zur Programmdebatte zu unterdrücken und sprach von der Methode des »Durchregierens« (ND berichtete).

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