Frostkauf

Sarah Liebigt will weder schlittern noch shoppen

  • Lesedauer: 2 Min.

»Mit 20 bin ich auch noch schnell gelaufen, heute würde ich mir die Knochen brechen, aber das wird Ihnen bald auch so gehen, junge Frau!« – orakelte ein älterer Herr am Sonntagmorgen vergrätzt hinter einer Kollegin her, als sie auf dem durch Schneemassen stark verschmälerten Gehweg an ihm vorbei zu S-Bahn hasten wollte.

Berlin versinkt im Wintermärchen, und der ÖPNV gleich mit. Eiszapfen riegeln S-Bahntüren hermetisch ab, Busse drehen an Haltestellen im Schnee durch und wer die Hauptstadt gar verlassen wollte, um andernorts Menschen im Schnee zu besuchen, wurde noch düsterer vorgewarnt: Für den Nachmittag geplante Reisen sollten wenn möglich auf »weniger nachgefragte Zeiten« verschoben werden. Das seien vor allem die »Tagesrandlagen« abends oder morgens, sagte ein Bahnsprecher am Sonntag. Reisende müssten auch weiter mit verspäteten und ausfallenden Zügen rechnen.

Angesichts der Tatsache, dass der Schnee ja schon gefühlt wieder Dauerzustand ist, bleibt dem Berliner der Frust im Halse stecken – und er erstickt seinen Ärger im Konsum. Doch wohlgemerkt nicht durch den Kauf von Wohlfühlware und Trostschokolade. Stattdessen kommen die Hauptstädter auch im Kaufrausch vom Winter nicht los und schleppen Schlitten, Stiefel und Skiunterhosen stapelweise aus den Kaufhäusern.

Damit sind die Berliner schon für den nächsten Winter bestens gerüstet – hoffentlich ist es die Stadt auch.

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