»Hotbird«, »Eagles« und andere Vögel

Zehn Jahre Weihnachten in Afghanistan, diesmal mit Abzugsgerede – doch der Nachschub rollt

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit zehn Jahren »feiern« Bundeswehrsoldaten Weihnachten in Afghanistan. In der Heimat wird derweil über Abzugsformulierungen gestritten und Nachschub für schwere Kämpfe besorgt.

Vor zwei Tagen meinte der Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans in Medienberichten über die Afghanistan-Abzugsabsichten »eine Diskrepanz« entdeckt zu haben. Er stellte klar, dass Außenminister Guido Westerwelle seine Regierungserklärung zum Thema »vorher natürlich mit allen Kabinettsmitgliedern, vor allen Dingen mit den betroffenen, im Wortlaut abgestimmt« hatte. »Wir werden jeden Spielraum nutzen, um damit so früh zu beginnen, wie es die Lage erlaubt und es vor allem unsere verbliebenen Truppen nicht gefährdet.« Steegmans zitierte aus dem Afghanistan-Fortschrittsbericht, dass »nicht mehr benötigte Fähigkeiten, soweit die Lage dies erlaubt, ab Ende 2011/2012 zu reduzieren« sind. Schwammiger geht es nicht.

Unterdessen versucht es die Bundeswehr zu Weihnachten mit seelischer und materieller Aufrüstung. Unter dem Titel »Partner im Einsatz – Ernstfall für die Familie« hatte man Betroffene via Internet zum Erfahrungsaustausch aufgerufen. Ergebnis: »Die Beiträge zeigen, wie groß Sorge und Ängste sein können. Als zusätzlich belastend wurde häufig ein Gefühl des Alleinseins beschrieben.« Deswegen holte man sich den Familientherapeuten und Theologen Dr. Peter Wendl vom Zentralinstitut für Ehe und Familie der Katholischen Universität in Eichstätt-Ingolstadt, »das eng mit dem katholischen Militärbischofsamt zusammenarbeitet«.

Der verteilte auch gute Nachrichten: »Es gibt wenig, was Beziehungen so sehr zusammenschweißt, wie gemeinsam überstandene schwierige Zeiten.« Doch natürlich verändere jeder Einsatz das Zusammenleben in der Familie. Der Partner werde nach dem Einsatz verändert sein; aber auch die Familie und ihr Alltag werden sich verändert haben. »Das muss aber keine Gefahr sein. Da liegt auch eine große Chance drin.«

Um den Kontakt in die Heimat enger zu gestalten, wird das ARD-Programm bis an den Hindukusch gesendet. Dank des Entgegenkommens der Satellitenbetreiber von »Hotbird« und »Astra«. Doch mit Gott, Therapie und der ARD allein werden die deutschen Soldaten nicht überleben. Denn sie kämpfen in ihrem nördlichen Sektor gegen immer stärker werdende Rebellen. So heterogen wie die Gruppen sind – neben Taliban agieren die Islamische Bewegung Usbekistans, die Islamische Partei Hekmatyars sowie das Haqqani-Netzwerk –, so geeint sind sie in ihren Kampf gegen die westlichen Besatzer. Also schickt die Bundeswehr immer mehr Waffen nach Afghanistan. Zwar hat man seit Jahrzehnten bereits Milliarden in die Entwicklung des Kampfhubschrauber »Tiger« gepumpt, doch für Afghanistan ist er untauglich.

Also versucht man traditionelle Infanteriekräfte zu stärken. Nach und nach werden mehr Schützenpanzer »Marder« nach Afghanistan geflogen, man ersetzt beschädigte »Dingos« und will weitere »Eagles« ins Kriegsgebiet schicken. Die Bundeswehr hat seit 2008 bereits 278 dieser gepanzerten »Adler« bei der Schweizer Mowag – die Firma gehört zum US-Rüstungskonzern General Dynamics – bestellt. Nun orderte man weitere 195 »Eagle« für insgesamt 125 Millionen Euro. Bei Rheinmetall in Deutschland rollte dieser Tage der erste geschützte Militärtransporter des Typs »Multi A4 FSA« aus der Halle. Er soll den Nachschub sicherer machen, der wohl noch einige Jahre ins Kriegsgebiet rollen wird.

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