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Neuanfang mit Westerwelle?

FDP-Landesverbände fordern von ihrem Parteichef ein Bekenntnis zum Kurswechsel

  • Lesedauer: 3 Min.
Während die Parteispitze der FDP die Personaldebatte um Parteichef Guido Westerwelle so schnell wie möglich beenden will, gehen liberale Landespolitiker auf Distanz zum Außenminister. Sie machen ihn für schwache Umfragewerte der FDP mitverantwortlich.

Berlin (dpa/ND). Generalsekretär Christian Lindner, NRW-Landeschef Daniel Bahr und Gesundheitsminister Philipp Rösler richteten gestern einen »Neujahrsappell« an die Parteibasis, den Erneuerungsprozess der FDP fortzusetzen. Die Liberalen müssten sich thematisch breiter aufstellen und ihr Profil in der Koalition schärfen. Dabei kritisierten sie auch die innerparteilichen Personaldebatten. Die in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« veröffentlichte Erklärung wird vor allem als Kritik am wirtschaftsliberalen FDP-Flügel um Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gesehen. Der mit Westerwelle inhaltlich nicht abgesprochene Text beinhaltet zugleich eine Abgrenzung vom bisherigen Führungskurs des Parteichefs in der Koalition. »Die Union führt uns zu oft in kräftezehrende Debatten, an deren Ende nicht durchgreifende Reformen, sondern nur Kompromisse stehen«, heißt es darin.

Brüderle, der sich in der Führungsdebatte zunächst zurückgehalten hatte, stärkt nun dem angeschlagenen Vorsitzenden den Rücken. Im »Handelsblatt« verlangte er von der Partei, als Team aufzutreten. Spekulationen, er könne Westerwelle als Parteichef ablösen, wies Brüderle zurück.

Nach aktuellen Umfragen müssen die Liberalen bei allen sieben Landtagswahlen in diesem Jahr befürchten, an der Fünfprozenthürde zu scheitern. Der FDP-Spitzenkandidat für die rheinland-pfälzische Landtagswahl, Herbert Mertin, forderte von Westerwelle ein Bekenntnis zu einem Neuanfang. Einzelnen Rücktrittsforderungen schloss er sich nicht an. »Aus meiner Sicht kann Westerwelle den Neuanfang auch von der Spitze aus gestalten. Er muss nur deutlich machen, wie er das tun will.«

Auch der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn hatte zuletzt darauf verzichtet, Westerwelle den Rückzug nahezulegen. Er macht aber weiter Druck: Nachdem der Parteichef nicht zurücktreten wolle, trage er nun die volle Verantwortung für die Wahlergebnisse.

Auch in ihrem Stammland Baden-Württemberg, wo die FDP in Umfragen bei vier bis fünf Prozent liegt, sind Wahlkämpfer auf Distanz zu Westerwelle gegangen. Spitzenkandidat Ulrich Goll plädierte für »einen geordneten Übergang zu einem späteren Zeitpunkt auf einen jüngeren Nachfolger«.

»Die Haushaltssanierung hat Priorität, aber wir müssen die Themenverbreiterung fortführen«, sagte die baden-württembergische Landesvorsitzende Birgit Homburger gestern zu Beginn eines Landesparteitags in Stuttgart. Sie und Unions-Fraktionschef Volker Kauder hätten zu lange Rücksicht auf die Vorsitzenden der Regierungsparteien genommen. Dadurch sei etliches liegen geblieben. Dies sei aber anders, seit die Koalitionsfraktionen aufs Tempo drücken. »Seit Sommer dieses Jahres wird wieder gut regiert in Berlin«, so Homburger.

Die Südwest-FDP will bei ihrem zweitägigen Delegiertentreffen unmittelbar vor dem bundesweiten Dreikönigs-Treffen ihr Programm für die Landtagswahl am 27. März beschließen.

In den anderen Bundesländern versucht die FDP, die Führungsdebatte klein zu halten. Westerwelle werde »die richtige Entscheidung zum richtigen Moment treffen«, sagt der FDP-Fraktionschef im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Michael Roolf. Die FDP in Sachsen-Anhalt plant vor der Wahl am 20. März sogar zwei Kundgebungen mit dem Außenminister.

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