Transparenz im Regal

EU-Diskussion um Kennzeichnung

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
In den Supermarktregalen finden sich Lebensmittel, deren Ursprung oft nicht nachvollziehbar ist. Eine verbindliche Herkunftskennzeichnung könnte Abhilfe schaffen. Doch die Lebensmittel-Lobby mauert.

Manchmal täuscht selbst das Etikett. So müssen die Spreewaldgurken heutzutage nicht mehr zwangsläufig aus dem Spreewald kommen. Zwar gibt es mittlerweile Dutzende Herkunftssiegel, doch viele verschleiern mehr als dass sie aufklären. Bestes Beispiel ist das EU-Siegel »Geografisch geschützte Angabe«. Das Siegel verlangt lediglich, dass ein Arbeitsschritt zur Herstellung vor Ort erfolgen muss. Im Falle der Spreewaldgurken heißt das: Die Rohware könnte auch aus China oder Indien stammen – das Siegel gibt es trotzdem.

Sicherheit bietet nur das blaue EU-Siegel »Geschützte Ursprungsbezeichnung«. Es garantiert, dass die Produkte auch in einer definierten Region erzeugt wurden.

Derzeit wird in Brüssel über eine weitergehende Kennzeichnung von Lebensmitteln diskutiert. So sollen zukünftig »Herkunftsland oder der Herkunftsort« von Fleisch, Geflügelfleisch und Fisch angegeben werden, wenn sie als Zutaten in verarbeiteten Lebensmitteln verwendet werden. Bislang weiß niemand, woher das Fleisch im Hot-Dog oder Sandwich kommt. Eine Kennzeichnungspflicht besteht derzeit lediglich für bestimmte Produkte wie Rindfleisch, Honig, Obst und Gemüse oder Olivenöl.

Die Verbraucherorganisation foodwatch begrüßt den EU-Vorstoß als echten »Transparenzgewinn«. Der Lebensmittel-Industrie ist jedoch so viel Transparenz nicht geheuer. Auch am Rande der Grünen Woche in Berlin ist die Lobby eifrig dabei, gegen die drohende EU-Verordnung zu agitieren. Doch die Sorge der Konzerne ist wohl unberechtigt: In Brüssel ist man derzeit dabei, die Verordnung stark zu verwässern. Dabei hatte das Europa-Parlament noch im Juni 2010 für eine solche Kennzeichnung votiert.

Bereits im März 2010 hatte sich der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelindustrie, der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), »nachdrücklich« gegen die »Änderung der Lebensmittelinformationsverordnung« ausgesprochen. Die Lobby führt den Kostenfaktor ins Feld: Bei Lebensmitteln, die aus verschiedenen Zutaten bestehen, müssten bei jeder Herkunftsänderung neue Etiketten gedruckt werden, so die BLL. »Die Herstellungskosten für Lebensmittel würden sich so verteuern, ohne dass der Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten stünde.«

Dabei müssten die Informationen über die Herkunft ohnehin bei den Herstellern vorliegen, wie foodwatch betont. Denn eine EU-Verordnung aus dem Jahre 2002 schreibt den Produzenten vor: »Die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Futtermitteln, von der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren und allen sonstigen Stoffen ... sicherzustellen.« Doch offenbar wollen die Konzerne den Verbraucher im Unklaren lassen.

Oder um es mit den Worten von BLL-Hauptgeschäftsführer Matthias Horst zu sagen: »Zu viele Angaben verwirren den Verbraucher eher als dass sie ihn besser informieren.«

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