Stromkabel durchs Nachbargrundstück – kein Grundbucheintrag
Fehlende Dienstbarkeit
So gesehen ist das Urteil des Amtsgerichts Berlin-Köpenick, das Rechtsanwalt Jürgen Naumann, Berlin, dem Ratgeber zusandte, von Bedeutung.
Die Grundstücke der Kläger und der Beklagten grenzen aneinander und sind auch mit aneinanderstoßenden Wohnhäusern bebaut. Die Stromversorgung für beide Häuser erfolgte bis 1991 oberirdisch über eine frei hängende Leitung, die zu einem Mast auf dem Dach des Hauses der Kläger führte. Von dort gingen die Leitungen für beide Häuser aus. 1991 erfolgte die Verlegung ins Erdreich. Auf dem Grundstück der Kläger wurden an der Straße zwei Stromübergabekästen montiert, von wo aus die Kläger zwei Erdkabel durch ihr Grundstück in ihr Haus führen ließen und eines davon dann übern Dachboden ins Haus der Beklagten. Schon 2001 forderten die Kläger von der Beklagten, sich einen eigenen Stromanschluss verlegen zu lassen. Eine Dienstbarkeit ist im Grundbuch zu Lasten der Kläger nicht eingetragen. Doch nichts geschah.
2009 forderten die Kläger von der Beklagten – wiederum ohne Erfolg –, sich ein eigenes Stromkabel verlegen zu lassen, damit die Versorgungsleitung gekappt werden könne. Vor Gericht beantragten sie, dass die Beklagte den auf dem Grundstück der Kläger befindlichen Hauptsicherungskasten nebst den davon ausgehenden Leitungen für deren Anschluss zu beseitigen habe.
Das Gericht gab der Klage jedoch nur teilweise statt. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Beseitigung des Hausanschlusskastens des Stromversorgers und der auf ihrem Grundstück verlegten Erdkabel durch die Beklagte, denn beides stehe nicht in deren Befugnis. Eigentümer seien allein die Kläger.
Doch seien sie zur Kappung der über ihr Grundstück führenden Stromversorgung der Beklagten berechtigt – sie dürften, allerdings auf eigene Kosten, die Erdkabel entfernen sowie den Stromversorger auffordern, den Hausanschlusskasten für das Haus der Beklagten von ihrem Grundstück zu entfernen.
Eine Duldungspflicht entstehe auch nicht aus der 1991 einvernehmlichen Verlegung des Erdkabels als Ersatz für die Freileitung. Hätten die Parteien das so gewollt, stand es ihnen offen, ein Leitungsrecht für die Versorgungsleitung der Beklagten grundbuchlich durch Eintragung einer Dienstbarkeit abzusichern, was nicht geschah. Die Beklagte müsse jetzt die Kappung der Stromversorgung durch die Kläger dulden, zumal sie lange genug Zeit hatte, sich einen eigenen Stromanschluss legen zu lassen, was die Kläger bereits 2001 angeregt hatten, bestimmte das Gericht. Im Übrigen: Auch in solchen Fällen sollte eine einvernehmliche Lösung angestrebt werden. RBL
Urteil des Amtsgerichts Berlin-Köpenick vom 8. Oktober 2010, Az. 12 C 119/10
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