E.on beauftragte Spitzelfirmen

Umweltaktivisten über Jahre ausgespäht

  • Christian Bunke, Manchester
  • Lesedauer: 2 Min.
Verdeckte Ermittler aus Großbritannien haben zum Teil europaweit Tierrechts-, Umwelt-, globalisierungskritische und antifaschistische Bewegungen infiltriert. Auch ein deutscher Konzern soll beteiligt sein.

Der Energieversorger Scottish Power, der Kohleproduzent Scottish Resources Group und E.on haben laut einem Bericht der Tageszeitung »Guardian« in Großbritannien die Sicherheitsfirma Vericola angeheuert, um Umweltgruppen auszuspähen. Dies flog nun auf – offenbar durch Unfähigkeit der Chefin von Vericola, Rebecca Todd: Sie schickte mehrere, für Mitarbeiter bestimmte E-Mails aus Versehen über eine Verteilerliste an die ausgespähten Umweltaktivisten. Auf diese Weise kam heraus, dass Vericola-Mitarbeiter sich in interne E-Mail-Verteiler der Szene eingetragen hatten sowie selbst an Besprechungen und Versammlungen teilnahmen.

E.on will Vericola auf »Ad-hoc- Basis« angeheuert haben. Doch scheint es, als ob das Unternehmen Umweltaktivisten über Jahre systematisch ausgespäht hat. Teilweise wurden sogar Treffen mit in Umweltgruppen eingeschleusten Agenten in München organisiert. Rebecca Todd soll ihre Mitarbeiter im Detail instruiert haben. Für den München-Trip empfahl sie ihnen »Probleme mit der Freundin« als Tarngeschichte, um eine kurzfristige Abwesenheit des eingeschleusten Aktivisten zu erklären.

In Großbritannien gibt es mindestens zehn Privatfirmen, die im Auftrag von Konzernen Aktivisten ausspähen. Sie alle werden von ehemaligen Geheimdienstlern oder Mitarbeitern der »Association of Chief Police Officers« (ACPO) betrieben. In diesem 1997 gegründeten Privatunternehmen sind alle Polizeichefs aus England, Wales und Nordirland organisiert. Schottland hat eine eigene Organisation, die allerdings ähnlich aufgebaut ist. Die ACPO erhält 18 Millionen Pfund pro Jahr aus Steuergeldern. Sie ist keinem gewählten Gremium gegenüber rechenschaftspflichtig. Dafür ist die Vereinigung kommerziell aktiv. Sie gibt Sicherheitsberatung an Unternehmen gegen Gebühr. Für 70 Pfund kann man dort etwa erfahren, ob man im britischen Vorstrafenregister eingetragen ist. Außerdem unterhält die Vereinigung eine Reihe von Spezialeinheiten und entwirft Polizei- und Antiterrorgesetze.

Treten der ACPO unterstellte Polizisten aus dem aktiven Dienst aus, gründen sie oft ihre eigenen Sicherheitsunternehmen oder treten solchen bei. Dies war anscheinend auch bei Mark Kennedy der Fall, einem enttarnten V-Mann. Er betrieb eigene Firmen, arbeitete aber auch für das Unternehmen »Global Open«. Dieses, berichtet die Tageszeitung »Daily Mail«, war zeitweilig auch für E.on aktiv.

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