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Politik am Flughafen
Karlsruhe hat die Chance genutzt und grundsätzliche Kriterien für die Zulässigkeit von Demonstrationen in zwar privat betriebenen, aber öffentlichen Einrichtungen entwickelt. Sind sie allgemein zugänglich, und wenn dort, wie auf offener Straße auch, verschiedene Tätigkeiten und Anliegen verfolgt werden dürfen, dann müssen Bürger dort auch ihre Grundrechte ausleben können. Wo eingekauft, geredet, sich verabredet wird – also öffentliches Leben stattfindet –, sollen auch Protest, Debatte und politische Information erlaubt sein. Die Entscheidung erfasst vor allem Flughäfen, Bahnhöfe oder Hafenareale, die zwar mehrheitlich in öffentlicher Hand, aber eben von Privaten betrieben werden und die sich inzwischen zu umfassenden Erlebnisorten entwickelt haben. Ob man das nun schön findet oder nicht. Viel zu lange konnten dort Sicherheitsdienste die Wünsche eines privaten Hausherrn durchsetzen und streikende Mitarbeiter, kritische Stimmen und unerwünschte Personen vor die Tür werfen. Wie den Abschiebegegnern in Frankfurt ist es vielen ergangen. So hat etwa die Deutsche Bahn AG jahrelang versucht, jegliche Erinnerung an die Deportation tausender jüdischer Kinder durch ihrer Vorgängerin, die Reichsbahn, auf ihren Bahnhöfen zu verhindern. Auch wenn Karlsruhe eine Hintertür für Einschränkungen an bestimmten Stellen eröffnet hat: Allgemeinverfügungen nach dem Motto »Hier nie« sind künftig klar grundrechtswidrig. Eine offene Baustelle bleibt: Was ist mit den überdachten Einkaufsstraßen, den Schlossarkaden und Goethe-Centern? Dort spielt sich immer mehr des öffentlichen Lebens ab. Sie sind aber gänzlich privat. Auch hier besteht Klärungsbedarf.
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