Luft immer dünner für Herrn zu Guttenberg

Demonstration gegen Guttenberg in Berlin / Gabriel und Bartsch fordern Merkel zu Konsequenzen auf / Wissenschaftler bezweifelt, dass Guttenberg fahrlässig gehandelt hat

  • Lesedauer: 2 Min.
Berlin (dpa/AFP/ND) - Mehrere hundert Menschen haben am Samstag in Berlin gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und seinen Umgang mit der Plagiats-Affäre demonstriert. Die Demonstranten zogen am Nachmittag vom Potsdamer Platz vor das Ministerium, wie ein Polizeisprecher mitteilte.
Guttenberg war der Doktortitel aberkannt worden, weil er fremde Quellen nicht ausgewiesen hatte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ihr Festhalten an dem CSU-Minister mehrfach bekräftigt. Angemeldet war die Demo laut Polizei unter dem Motto »Protest gegen das ehrlose Verhalten des Verteidigungsministers, der Bundeskanzlerin und der Regierungsfraktionen im Bundestag«.

Druck aus den Reihen der Opposition

Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeworfen, durch ihr Verhalten in der Plagiatsaffäre um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) der Demokratie erheblich zu schaden. »Viel schlimmer als das Verhalten Herrn zu Guttenbergs ist jedoch das Verhalten von Angela Merkel«, sagte Gabriel der »Bild am Sonntag«. Die Kanzlerin sei »die erste, die in Deutschland behauptet, dass jemand in seinem 'Privatleben' geistiges Eigentum stehlen und betrügen darf und trotzdem in seinem 'Beruf' Minister bleiben« könne. »Wenn das Schule macht, dann werden sich künftige Politiker darauf berufen. Das schadet der Demokratie ungeheuer«, kritisierte der SPD-Chef. Den Verteidigungsminister griff Gabriel persönlich scharf an. Er äußerte die Vermutung, dieser habe aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus bei seiner Doktorarbeit geschummelt. »Herr zu Guttenberg hat keine abgeschlossene Berufsausbildung, da er das zweite Staatsexamen nicht gemacht hat.« Offenbar hat er darunter gelitten, dass er trotz der großen Familientradition auf diesem Gebiet nichts vorzuweisen habe, sagte Gabriel. Er forderte Merkel auf, »dass sie niemanden, und sei er noch so populär, über das Gesetz stellt«. Die Kanzlerin müsse Guttenberg »dazu bewegen, eine Auszeit von der Politik zu nehmen«.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion Dietmar Bartsch sieht ob der Presseveröffentlichungen vom Wochenende ein Zusammenbrechen der Verteidigungsstrategie des Ministers. »Die Vorwürfe der bewussten Täuschung durch ihn oder sein Autorenkollektiv verdichten sich immer mehr. Da Herr zu Guttenberg offensichtlich weder Unrechtsbewusstsein noch Ehre oder Gewissen hat, muss die Kanzlerin handeln und mit seiner Entlassung aus dem Amt Schaden vom Land abwenden, wie es ihr Amtseid verlangt.«

Auch aus der Wissenschaft kommen kritische Stimmen. Der Nachfolger von Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle, der Bayreuther Staatsrechtsprofessor Oliver Lepsius, attestierte dem Minister Realitätsverlust«. Dies sagte er der »Süddeutschen Zeitung« vom Samstag. »Wir sind einem Betrüger aufgesessen. Es ist eine Dreistigkeit ohnegleichen, wie er honorige Personen der Universität hintergangen hat.« Guttenberg habe »planmäßig und systematisch« wissenschaftliche Quellen zum Plagiat zusammengetragen und behaupte nicht zu wissen, was er tue.
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