Der »letzte Haufen« will es in Sachsen-Anhalt wissen

Für die NPD ist die Landtagswahl in dem Bundesland die wichtigste des Jahres – und ein Scheitern ist nicht sicher

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Die NPD will in Sachsen-Anhalt den Einzug in einen dritten Landtag schaffen und umwirbt dazu »Abgehängte« und Nichtwähler. Die Strategie ist nicht aussichtslos: Manche Umfragen sehen die Rechten bei fünf Prozent.

Mit den lyrischen Fähigkeiten von Hans Püschel wird die NPD nicht um Stimmen werben können. »Wir sind der Deutschen letzter Haufen, für Deutschland lohnt es sich zu raufen«, reimte der Bürgermeister von Krauschwitz auf einer Parteiveranstaltung. Derlei unfreiwilliger Komik zum Trotz ist Püschel einer der Trümpfe im bisherigen Wahlkampf der NPD in Sachsen-Anhalt: Ende 2010 lief der SPD-Mann zu den Rechten über – ein, wie interne Mails belegen, von langer Hand vorbereiteter Coup. Nun tritt das SPD-Urgestein für die NPD als Direktkandidat an.

Dass er dieses, wie intern fabuliert wird, gewinnen könnte, gilt als unwahrscheinlich; doch hofft die NPD, mit der angeblichen »Hetzjagd« auf den Überläufer durch Medien und »etablierte Parteien« punkten zu können – ähnlich wie im Fall des Schornsteinfegers Lutz Battke aus Laucha, der wegen seiner NPD-Nähe als Fußballtrainer gefeuert wurde.

Eine selbst auferlegte Märtyrerrolle ist ein Baustein in der Strategie der NPD, die in Sachsen-Anhalt mit Macht einen dritten Landtag erobern will und von der »Achse Dresden-Magdeburg-Schwerin« träumt. Die Kampagne koordiniert Holger Apfel, der Fraktionschef in Dresden.

Umwerben wird die NPD bevorzugt Nichtwähler und Menschen, die sich »abgehängt« oder von der Politik im Stich gelassen fühlen, sagt David Begrich vom Magdeburger Verein »Miteinander«. Zielgruppe seien, heißt es in einem Strategiepapier der NPD, »nicht unbedingt diejenigen, die schon alles verloren haben, sondern jene, die noch etwas zu verlieren haben«. Sie versuche, »Abstiegsängste zu beantworten«, sagt Begrich – und adressiert dabei vor allem potenzielle Wähler in Regionen, »in denen die demokratischen Parteien kaum noch präsent sind«. Geführt wird die Kampagne über Flugblätter, Wahlzeitungen und persönliche Ansprache. Es gehe um Wähler, die »für die klassische politische Kommunikation nicht mehr erreichbar sind«, sagt Begrich – weil sie keine Regionalzeitung lesen und MDR Sachsen-Anhalt nicht einschalten.

Das allein wäre noch kein Erfolg versprechender Ansatz, sagen Experten; um trotz einer dünnen personellen Basis von gerade 260 Mitgliedern und eines schmalen Budgets die Fünfprozent-Hürde knacken zu können, brauche die NPD zudem ein schlagkräftiges Thema. »Die gute Nachricht ist: Sie haben keines«, sagt Begrich. Die schlechte Nachricht sei aber, fügt er an: »Die anderen haben auch keins.« Bisher dümpelt der Wahlkampf vor sich hin; viele Signale deuten auf die Fortsetzung der CDU/SPD-Koalition; es droht eine dramatisch niedrige Wahlbeteiligung.

Die NPD könnte davon profitieren: Erste Umfragen sehen sie bei fünf Prozent – und das bereits vier Wochen vor der Wahl und obwohl Erstwähler dabei eher schlecht erfasst werden. Von diesen kann sich sogar ein Drittel vorstellen, NPD zu wählen. Wer nicht wählen gehe, mahnt LINKE-Landeschef Matthias Höhn, verschenke seine Stimme – »vielleicht zugunsten der NPD«. Höhn warnt: Trotz ihres betont biederen Auftretens im Wahlkampf bleibe die NPD im Kern »rassistisch, antisemitisch und antidemokratisch«.

Um darauf noch stärker hinzuweisen, haben etliche Initiativen nun die Kampagne »Wähl nicht NPD« im Internet gestartet.

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