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Wie der Fiskus Abfindungen besteuert

  • Lesedauer: 4 Min.

Kommt es zu einer betriebsbedingten Kündigung, gibt es oft eine Abfindung als Entschädigung für den plötzlichen Verdienstausfall. Hierauf muss der Entlassene zwar Lohnsteuer zahlen, meist kommt es aber zu einer Tarifermäßigung. Die Kanzlei Ebner Stolz Mönning Bachem aus Hannover weist darauf hin, dass es den reduzierten Tarif nach einem aktuellen Erlass jetzt auch dann gibt, wenn eine Nachzahlung in einem späteren Jahr erfolgt oder das Gehalt zuvor schwankend war.

Bei Entlassungen oder der Streichung von sonstigen Privilegien wird zumeist ein Sozialplan zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung ausgehandelt. Der sieht unter anderem vor, dass es eine Abfindung für geleistete Dienste oder anstehende Einbußen gibt. Die Höhe der Abfindung liegt bei einer Kündigung aufgrund der Rechtsprechung durch die Arbeitsgerichte als Faustformel bei einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Durch die Abfindung kommt es zum geballten Zufluss von steuerpflichtigen Einnahmen in einem Jahr, der regelmäßig einen Anstieg des Steuersatzes (sogenannte »Steuerprogression«) nach sich zieht. Um eine übermäßige Belastung durch den einmaligen Progressionssprung zu verhindern, wird durch eine Sonderrechnung eine Tarifermäßigung gewährt. Damit soll der Steuersatz dann wieder reduziert werden.

»Diesen Steuervorteil gibt es nun auch, wenn es zu einer geleisteten Abfindung später noch einen Nachschlag gibt«, erläutert Steuerberater Wilfried Steinke von der Kanzlei und weist darauf hin: Wird eine Entlassungsentschädigung in zwei oder mehr Jahren ausgezahlt, scheidet zwar grundsätzlich für sämtliche Zeiträume eine Tarifermäßigung aus, auch wenn sich ein Progressionsnachteil ergibt. Denn die begünstigten Einkünfte müssen zusammengeballt, also entweder komplett vor oder nach dem Jahreswechsel, fließen.

Nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums gibt es hiervon jetzt aber eine Ausnahme, wenn eine geringfügige Zahlung in einem anderen Jahr erfolgt oder aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit ergänzende Zusatzleistungen zur Hauptzahlung gewährt werden (Az. IV C 4 - S 2290/07/10007 :005). Dieser Nachschlag darf betragsmäßig nur einen ergänzenden Zusatz zur Hauptzahlung bilden. Als Faustregel geht der Fiskus davon aus, dass die Nachzahlung maximal fünf Prozent der Gesamtleistung ausmachen darf, ohne die Tarifermäßigung infrage zu stellen.

Eine weitere Verbesserung können Angestellte in Anspruch nehmen, die im Vorjahr etwa wegen einer Provision oder einer besonderen Bonuszahlung ein außerordentlich hohes Gehalt erhalten hatten. Zwar muss die Abfindung grundsätzlich über dem Lohn des Vorjahres liegen. Davon wird jetzt aber eine Ausnahme gemacht, wenn die Einnahmesituation vor der Kündigung durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt war, also etwa eine üppige Sonderzuwendung. Dann darf der Durchschnitt des Gehalts mehrerer Vorjahre zugrunde gelegt werden. »Bleibt dieses Ergebnis unter der Entlassungsentschädigung, liegen begünstigte Einkünfte mit der Folge einer Tarifermäßigung vor«, erklärt der Steuerberater.

Hintergrund dieser Sonderbesteuerung ist, eine übermäßige Belastung durch den plötzlichen Progressionssprung auf die hohe Abfindung zu verhindern. Hier kommt es dann zu einer so genannten Fünftel-Regelung.

Bei dieser Methode wird die Einkommensteuer in einem ersten Schritt auf das Gesamteinkommen ohne die Abfindung berechnet. Anschließend kommt die Sonderzahlung mit einem Fünftel hinzu, und die hierauf entfallende Steuer wird dann anschließend mit fünf multipliziert. Damit das Finanzamt die steuersparende Fünftel-Regelung überhaupt akzeptiert, sind jedoch trotz der aktuellen Verbesserungen weiterhin zwei Besonderheiten zu beachten, um nicht im Nachhinein die volle Steuer zahlen zu müssen:

Erstens muss die Abfindung grundsätzlich innerhalb eines Kalenderjahrs fließen und darf nicht in zwei Teile vor und nach Silvester gesplittet werden. Und zweitens kommt sie nur dann zum Ansatz, wenn das Jahreseinkommen mit Abfindung höher ist als das gewöhnliche Vorjahreseinkommen.

Deshalb kann es günstiger sein, die gesamte Abfindung erst im nächsten Jahr zu erhalten, wenn dann die übrigen Einkünfte geringer ausfallen. Das ist meist schon deshalb der Fall, weil es wegen vorübergehender Arbeitslosigkeit oder reduzierter Arbeitszeit zu einem geringeren Gehalt kommt. Vom Finanzamt wird dieses terminliche Verzögern akzeptiert. Eine spätere Auszahlung ist kein Gestaltungsmissbrauch.

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